🌗„Warum gute Zeiten manchmal schwerer sind als schlechte“

Das Ding mit Depressionen ist – zumindest nach meinen Erfahrungen – dass zu viel Serotonin ein Trigger sein kann.
Das klingt im ersten Moment vielleicht paradox. Ist es vermutlich auch. Aber lass mich das mal aus meiner Perspektive erklären.

Zurzeit reihen sich bei mir kleine Erfolge aneinander. Natürlich ist nicht alles nur gut und positiv, aber ich würde sagen, dass ich gerade eine gute Phase habe. Ich bin produktiv, erreiche Ziele, merke, wie sich mein Weg zusammenfügt, wie ich meine Stimme finde. Ich tue Dinge, die mir Freude machen, habe einen Alltag gefunden, der mir guttut. Es gibt Routinen, aber auch Platz für Spontanität – und um mich herum passieren spannende Dinge.
Gerade sind da viele positive Emotionen.

Und trotzdem ist da dieser Stein in der Magengrube.
Ein Klotz, der mich nach unten zieht.
Ein Gefühl von Leere und Überforderung zugleich.

Fast so, als stünden meine Gedanken im ständigen Kampf miteinander.

Und genau das ist es, was Heilung ausmacht – zumindest für jemanden mit Depressionen:
Ein inneres Gerangel zwischen endlich glücklich sein dürfen – und der Angst davor.

Fast so, als würde man es sich selbst nicht gönnen.
Als wäre es zu gut, um wahr zu sein.
Das vorhersehbare Ende jeder guten Phase – ein Automatismus, an den man sich irgendwann gewöhnt.
Ein Schutzmechanismus, der uns aufs Schlechteste vorbereitet – bis wir anfangen, genau das zu erwarten, es regelrecht zu suchen.

Niemand bereitet uns darauf vor. Niemand sagt uns, wie wir damit umgehen sollen.

„Ach, die Vergangenheit ist vorbei – schließ doch einfach damit ab.“
Das ist vermutlich eine der häufigsten Floskeln, wenn man mit jemandem darüber spricht.

Aber was, wenn das „Abschließen“ gar nicht das Problem ist?

Was, wenn da seelische Narben sind – battle scars, wie man sie sonst nur von Veteranen kennt.
Im Film sagt dann niemand: „Schließ damit ab.“
Da heißt es eher: „Der ist fürs Leben gezeichnet.“
Und das ist ja auch nicht falsch.

Aber was, wenn es Menschen mit emotionalem Trauma ganz ähnlich geht?
Nur denkt daran kaum jemand.
Viele denken ohnehin nicht weiter als bis zur Tischkante – wenn wir ehrlich sind.

Während ich das hier schreibe, klingt es fast so, als hätte ich eine Antwort.
Aber ehrlich gesagt: Ich weiß nicht, ob es überhaupt eine gibt.

Natürlich werde ich weiterhin nach Wegen suchen, nach Tools und Tricks – bei mir selbst, in Gesprächen, in Büchern.
Und wenn mir etwas hilft, teile ich das gern.

Aber heute – hier und jetzt – wollte ich die Katze einfach mal aus dem Sack lassen.
Vielleicht wird es leichter, wenn dieser Kloß ein bisschen frische Luft bekommt.
Wenn wieder Platz zum Fühlen da ist.

Es ist spannend, wie unser Nervensystem funktioniert.
Muscle Memory – nur eben für Emotionen.

Ich würde es nennen: die Angst vorm Glücklichsein.

Wenn mich jemand fragen würde, wie ich mit diesen Momenten umgehe – mit diesem Gefühl, wenn die Depression wieder an der Tür klopft oder durchs Fenster späht –
dann würde ich sagen:
Tritt der Angst ohne Angst entgegen.

Behandle sie nicht als Feind.
Lass sie herein.
Setz dich mit ihr an den Tisch.
Vielleicht sogar auf eine Tasse Tee.

Denn was haben wir immer wieder gelernt?
Angst ist kein Monster – sie ist ein Wegweiser.
Ein inneres Kind, das einfach nicht weiß, wohin mit sich.

Also: Fangen wir doch einfach mal damit an, ein inspirierender Erwachsener zu sein.
Jemand, der für all diese Ängste einen sicheren Raum schafft.
Einen Ort, an dem sie endlich zur Ruhe kommen dürfen.