Nebenbei geheilt

Wo keine Rolle war – und dennoch Heilung

Vaterfigur.
Wenn ich ehrlich bin – und wie man sich mittlerweile als Leser:in wohl denken kann –
hat es für mich nie wirklich so etwas wie eine Vaterfigur in meinem Leben gegeben.
Und lange Zeit habe ich geglaubt, dass mir das nicht geschadet hat.
Dass es keine Spuren hinterlassen hat, keine Wunden, keine stillen Risse.

Doch da ich nie etwas anderes als den bösen Mann im Haus gekannt habe,
war es für mich nicht logisch, dass diese Rolle auch etwas Gutes tragen kann.
Dass ein Vater nicht automatisch Angst bedeutet.
Das habe ich sehr lange nicht verstanden.

Ich ging davon aus, dass jede noch so „gute“ Vaterfigur irgendwo etwas Dunkles in sich tragen muss.
Vielleicht hat mir dieser Gedanke geholfen, die Enttäuschung auszuhalten.
Zu glauben, dass ich einfach Pech hatte.
Dass mir eben ein besonders negativer Mensch zugeteilt worden war.

Heute weiß ich natürlich, dass ich damit kein Einzelfall war.
Und dass es vielen anderen genauso ergangen ist.

Wenn ich heute über Vaterfiguren in meinem Leben nachdenke,
taucht immer wieder derselbe Mensch vor mir auf:
der Exfreund – mittlerweile gute Freund – meiner Mama.

Er kommt dieser Rolle heute am nächsten.
Auch wenn wir gerade erst begonnen haben, uns auf dieser Ebene zu begegnen.
Auch wenn noch unklar ist, wo diese Geschichte endet.

Als Kind und Jugendliche habe ich ihn nie als Vaterersatz gesehen.
Eher als einen freundlichen Fremden.
Und doch war er von Anfang an präsenter als mein biologischer Vater es je war.

Rückblickend bin ich unendlich dankbar dafür,
dass von seiner Seite nie der Versuch kam, diese Rolle einzunehmen.
Kein Drängen. Kein Anspruch.
Kein unausgesprochener Druck, ihn als neues Familienmitglied akzeptieren zu müssen.

Stattdessen war er einfach da. Immer öfter.
Beim Essen. Bei Feiern. Oder irgendwo dazwischen.
Und auch da nicht jedes Mal –
denn selbst das hätte mich damals schon überfordert.

Er war kein Stiefvater. Kein Vater-Ersatz.
Sondern einfach ein vertrautes Gesicht.
Eines, das keine Angst verbreitete.
Keines, das Panik auslöste.
Sondern eines, das Gesellschaft schenkte.

Natürlich waren wir damals beide andere Menschen als heute.
Auch du hattest deine eigenen Kämpfe hinter dir, deine Aufgaben, deine Stolpersteine.
Wir sind gewachsen. Haben uns weiterentwickelt.
Sind angekommen – jeder auf seine Weise – und haben alte Muster hinter uns gelassen.

Und auch wenn ich nichts an unserer gemeinsamen Reise ändern würde,
weil sie uns genau hierher geführt hat, ertappe ich mich manchmal bei der Frage,
wie es gewesen wäre, so eine Art Vater zu haben statt meinem eigentlichen.

Ob ich mir ein paar Kratzer erspart hätte.
Ob ich anders geworden wäre.

Würde ich trotzdem schreiben?
Zeichnen?
Wäre mein Karriereweg ein anderer?
Mein Liebesleben?
Mein Freundeskreis größer?

Wäre ich überhaupt ich geworden – oder jemand ganz anderes?

Doch so sehr diese Gedankenspiele auch faszinieren,
kann ich heute zurückblicken, ohne der Realität nachzutrauern.
Und ich bin dankbar dafür, dich genau so kennengelernt zu haben, wie es wirklich passiert ist.

Denn auch ohne Perfektion durfte ich in deiner Nähe einfach ich sein.
Ich musste mich nicht erklären, nicht anpassen, nicht weniger oder mehr sein, als ich war.
Auch wenn du mich oft nicht ganz verstanden hast – du musstest es auch nicht.
Du hast mich einfach angenommen.

Und vor allem bin ich dankbar dafür,
dass du einer der wenigen Menschen warst, die meiner Mama treu geblieben sind.
In jeder Hinsicht.

Dass du sie unterstützt hast. Gestärkt. Geliebt.
Dass du ihr nach all den dunklen Jahren wieder Raum gegeben hast,
Partnerin zu sein. Mensch zu sein. Glücklich.

Du hast uns beide ein Stück weit gerettet,
ohne jemals etwas dafür zurückzuverlangen.

Und genau das ist vielleicht mehr,
als eine Rolle jemals hätte sein können.

Und auch wenn wir vielleicht nicht näher kommen, als wir es gerade sind,
bleibst du in meinem Kopf dem Bild eines Vaters näher als mein eigentlicher es je war.

Auch wenn wir nicht viel Kontakt haben und uns – wenn wir ehrlich sind –
„nur“ meine Mama verbindet und immer wieder zueinander bringt,
trage ich dieses warme, wohlig ruhige Gefühl in mir.

Eine Dankbarkeit dafür, dass du das Bild des Vaters, des Mannes in mir, ein kleines Stück repariert hast.
Unbewusst. Ganz leise. Nebenbei.

Und vielleicht ist genau das mehr, als ich je erwartet hätte.

⭐ DEZEMBERKIND – Zwischen Dunkelheit und kleinen Lichtern

Der Dezember hat eine besondere Art, die Wahrheit zu enthüllen.
Er legt die Dinge frei, die man das restliche Jahr über tragen kann, ohne darüber zu stolpern.
In dieser Zeit wird mein Inneres lauter, ehrlicher, roher.
Darum schreibe ich heute.

Es passiert jedes Jahr leise, fast heimlich:
Plötzlich ist es Dezember.
Und ich merke wieder, wie schwer dieser Monat für mich ist.
Wie sehr ich kämpfe, einfach nur durchzukommen.
Wie ich glaube, ich könnte mich verstecken – vor mir selbst, vor meinen Erinnerungen,
vor dieser Jahreszeit, die mehr aufwühlt, als sie schenkt.

Ich habe alles probiert: Ablenkung, Offenheit, Schweigen, Rückzug.
Und wenn ich könnte, würde ich mir für den Dezember eine kleine Hütte in den Bergen mieten,
mein Handy ausschalten und verschwinden.
Nur für ein paar Wochen. Nur um wieder Luft zu holen.

Denn im Dezember bin ich immer ein bisschen „mehr“.
Mehr Gefühl, mehr Angst, mehr Schmerz.
Mehr Wellen, weniger Ufer.
Ich werde lauter in mir und leiser nach außen.
Und manchmal bin ich mir selbst kaum einzuholen.

Das Schlimme an tiefer Selbstreflektion ist,
dass man den Ursprung kennt.
Die Muster versteht. Die Wunden benennen kann.
Und trotzdem jedes Jahr dabei zusehen muss, wie man erneut bricht.
Erste-Reihe-Sitzplätze für die eigene Dezember-Show.

Ich weiß, ich bin nicht allein damit.
Weihnachten ist für viele die einsamste Zeit des Jahres.
Eine Zeit, in der man an Familien erinnert wird, die man nicht hat.
An Zusammenhalt, nach dem man sich sehnt.
An Türen, die sich niemals für einen öffnen werden.

Und trotzdem fühle ich mich schuldig,
weil ich zwei Seelen an meiner Seite habe, die mich lieben:
meine Mama, mein Zuhause im Sturm –
und meinen Hund, der mein Herz jeden Tag an die frische Luft führt und mich antreibt weiter zu gehen.

Darf es mir dann überhaupt schlecht gehen?

Dieses Jahr habe ich zum ersten Mal geantwortet:
Ja.
Liebe schließt Schmerz nicht aus.
Nähe hebt Einsamkeit nicht immer auf.
Manchmal existieren beide nebeneinander,
wie Schatten und Kerzenlicht.

Und so schwer dieser Monat für mich ist,
zeigt er mir doch immer wieder kleine Funken Wärme.
Nicht viele – aber genug, um mich am Boden zu halten.
Kaminknistern fürs schwere Herz.

Zum Beispiel Luke. Mein beste Freund. Mein leiser Held.

Mein Seelenhund, der mich anstupst, wenn ich „zu lange“ weine.
Der meine Nähe sucht und mich ansieht –
fast so, als würde er prüfen, ob alles noch in Ordnung ist.
Der auf mich wartet, nach jedem geschafften Tag, an dem ich „funktionieren“ muss
– nach Arbeit, nach Terminen, nach all den Rollen, die ich erfüllen soll.
Er ist da, bereit, sich neben mich auf die Couch zu legen, einfach zu atmen, runterzukommen.
Stolz auf mich, weil ich einen weiteren Tag geschafft habe.
Er begleitet mich auf kleine Abenteuer, schenkt mir Liebe ohne Bedingungen.
Er erinnert mich daran, dass Liebe auch im Dezember existiert –
und dass auch ich geliebt werde.

Und dann ist da meine Mama
mein beständiges Zuhause, selbst in der kältesten Jahreszeit.
Meine beste Freundin.

Die Frau, die jedes Jahr ein bisschen mehr versucht, mir den Schmerz aus der Weihnachtszeit zu nehmen.
Die doppelt so oft nachfragt, ob alles gut ist.
Die sofort spürt, wenn es mir nicht gut geht – auch wenn ich es hinter Lächeln oder Alltag verstecke.
Die mich hält und aushält. Und liebt, ohne Stopp-Schild.
Die mir Raum gibt, wenn mein Glas überläuft.
Und mich wieder aufstellt, wenn ich am Boden liege.

Spielabende, Bummeln, Spaziergänge.
Zweisamkeit, die mich erdet.
Und manchmal wird mir bewusst, dass ich kein Zufallskind bin.
Dass ich diese beiden Seelen – meine Mama und meinen Hund – nicht einfach so bekommen habe.
Vielleicht sind sie meine Sterne in dieser dunklen Jahreszeit.
Erinnerungen daran, dass mein Weg zwar kein leichter ist,
ich aber trotzdem richtig bin.
Dass ich die Liebe verdiene, die ich sonst immer nur hinausgebe.

Vielleicht spüre ich ihre Liebe so intensiv,
weil sie der Gegenpol zu allem ist, was mir fehlt.
Weil sie die Lücken nicht schließen, aber erträglicher machen.

Doch Dezember bedeutet für mich auch die Trauer um eine Familie, die noch lebt.
Eine stille Trauer, die niemand sieht.
Ein Loslassen, das mehr wehtut als Festhalten –
weil Festhalten irgendwann nur noch schneidet.

Ich habe keine Großeltern, zu denen ich fahren könnte.
Keine Geschwister, die mich je wirklich wollten.
Einen Vater, der nie wirklich einer war – und nie einer sein wird.
Und Verwandte, für die ich immer nur „dabei“ war, aber nie „dazugehörte“.

Umso schwerer ist es, wenn um mich herum Menschen über Stress klagen.
Über Essenspläne, Geschenke, Termine. Darüber, dass die Familie nervt.
Sie sehen nicht, wie wertvoll das alles ist.
Wie sehr es ein Geschenk ist,
Menschen zu haben, die bleiben.

Trotzdem glaube ich daran, dass auch meine Schatten irgendwann weich werden dürfen.
Dass Heilung nicht linear ist, aber möglich.
Dass Licht immer wieder seinen Weg findet – selbst in den härtesten Monaten.

Schade eigentlich, dass ich als Dezemberkind diesen Monat nie ganz feiern konnte.
Vielleicht wird er auch nie mein Lieblingsmonat sein.
Aber jedes Jahr fürchte ich ihn ein kleines bisschen weniger.

Dieses Jahr war anders.
Leiser. Ehrlicher.
Vielleicht ist genau das der Anfang, auf den ich so lange gewartet habe –
der Mut, mich nicht mehr zu verstecken, auch wenn das bedeutet, einsam zu sein.

Vielleicht ist das hier der erste Dezember,
in dem ich nicht nur kämpfe und überlebe,
sondern auch zuhöre — mir selbst.
In dem ich mich ein Stück weit öffne, ohne performen zu müssen.
Ein Dezember, der mich nicht bricht, sondern mich erinnert,
dass auch in mir ein Licht brennt – selbst wenn es manchmal klein ist.

🌼 Der Frieden, der nicht von dir kam

Zeilen aus meinem Danach

Mittlerweile sind Jahre vergangen, und dennoch fühlt es sich manchmal an, als wäre es gestern gewesen. Manchmal frage ich mich, warum manche Erinnerungen so hartnäckig bleiben – als hätten sie sich in die Knochen eingebrannt. Für dich allerdings steht das Buch noch immer weit offen.
Ob du jemals wirklich abschließen kannst? Ich bezweifel es inzwischen stark.
Und manchmal tut es mir leise leid, still und ohne Vorwurf.

Egal wie viel Zeit vergeht und wie sehr du dir selbst einredest, dich verändert zu haben, wie sehr du mir den Glauben aufdrängen möchtest, du seist nun ein anderer Mensch:
Für mich wirst du immer der bleiben, der du damals warst.

Ich werde dich nicht mehr mit warmen Augen ansehen können, und Vertrauen wird es zwischen uns nie mehr geben. Du hattest deine Chance – eigentlich hattest du viele davon. Eine nach der anderen habe ich dir gegeben, ohne Bedingungen, ohne Grenzen. Immer wieder.
Und nie hast du sie genutzt, nie gezeigt, dass du sie wert warst.

Ich wünsche dir wirklich nichts Schlechtes. Ich möchte nicht, dass du leidest. Ich hasse dich nicht – nicht einmal im Ansatz. Es ist ein stilles Nichtgefühl. Und irgendwann auf dem Weg meiner eigenen Heilung habe ich dir vergeben. Leise. Mit ehrlichem Herzen. Für all die Jahre, die Schmerzen, die Albträume.

Doch zurück in mein Leben wirst du niemals finden. Da ist kein Platz mehr – nicht mal ein Winkel. Und es ist das erste Mal in meinem Leben, dass mich dieser Gedanke nicht traurig macht. Ich vermisse dich nicht. Ich bin nicht enttäuscht, dass du nicht mehr da bist. Ich möchte dich einfach nie wiedersehen.
Eine ruhige Entscheidung.

Ich hoffe nur, dass du irgendwann ehrlich zu dir selbst sein kannst. Dass du erkennst, wie verletzend du zu mir warst, wie wenig echte Gefühle zwischen uns existierten. Und wenn dieser Moment kommt, wünsche ich dir trotzdem, dass du nicht darin verharrst. Nicht jahrelang mit Schuld kämpfst. Sondern dass du loslässt – mich, uns, alles. Dass du auch dir selbst verzeihen kannst.

Du hast mich nicht nur gebrochen – du hast mich aus mir selbst gerissen. Immer wieder. Und doch konntest du es nicht ertragen, dass mein Herz nicht ganz zerbrach. Dass ich trotz allem gut blieb.
Du wolltest mich nicht halten, aber du konntest mich auch nicht freigeben.

Ich wollte nur das Gute in dir sehen. Wollte Hoffnung finden, irgendein kleines Zeichen. Und du hast dich an meiner Gutmütigkeit festgehalten, an meinem Vertrauen, meiner Liebe, meiner Freundschaft.
Weil du wusstest, dass ich nicht gehe. Und ich blieb.

Ein Spiel, das sich unendlich anfühlte.
Ein leiser Kampf im Hintergrund meines Lebens.

Wenn ich heute zurückblicke, sehe ich Muster, die ich damals nicht erkennen konnte. Du erinnerst mich an jemanden. Vielleicht schon damals. An den einen Menschen aus meinem Leben, der dir so ähnlich ist wie kein Anderer: meinen Vater.

Und wie bei ihm sehe ich heute klarer, was hinter deiner Fassade lag. Nicht der Wolf, für den du dich hieltest, sondern ein unsicherer Junge, der sich selbst am meisten fürchtete, der sich selbst am meisten hasste. Und wie meine Mutter wollte ich dich retten. Wollte dir mit all meiner Kraft helfen.
So sehr, dass ich mich selbst verlor.

Doch irgendwann wachte ich auf. Früher als gedacht. Ich riss mich aus den Ketten – und ja, es tat weh. Wunden, die Zeit brauchten. Aber ich habe den Absprung geschafft.

Ich musste erkennen, wer du wirklich bist. Musste mich befreien.
Ich musste sehen, dass du nicht der Mensch bist, der du vorgibst zu sein. Deine Fassade flackerte,
und das, was dahinter auftauchte, war nur ein Schatten – weit entfernt von Wahrheit.
Und auch das war erst der Anfang.

Heute gibt es Schatten von damals. Ich heile noch – vielleicht noch lange. Aber ich bin hier. Und ich habe dich überlebt. Ein Teil von mir ist zurückgeblieben, hat mir die Tür zu meinem neuen Leben aufgehalten. Ein anderer ist gestorben, damit ich neu entstehen konnte.

Albträume, Panik, die Angst vor Nähe – all das begleitet mich manchmal noch. Und ja… ich habe überlebt, aber nicht ohne einen Preis.
Noch immer zucke ich zusammen, wenn jemand laut wird, wenn Bewegungen zu schnell sind, wenn Gesten in meiner Nähe zu abrupt passieren. Mein Körper schreitet wie von selbst einen Schritt zurück, bevor ich überhaupt darüber nachdenke. Nähe fühlt sich oft fremd an; sie lässt mein Herz stolpern, und irgendwo tief in mir steigt dann diese leise Panik hoch, die ich so gut kenne.

Manchmal fällt mir selbst das Atmen schwer, in Momenten, in denen ich es am wenigsten erwarte – wie eine Erinnerung, die aus dem Nichts an mir hochzieht.
Als hättest du damals eine Klingel in mir hinterlassen, ein Signal, das sich festgebissen hat, weil du mich nie loslassen konntest… und es irgendwo in dir vielleicht immer noch nicht kannst.

Und doch wächst in mir jeden Tag etwas Neues. Etwas Leises, Warmes. Etwas, das nicht von dir stammt.
Ich werde vielleicht nie vollständig heilen – und auch das ist okay.

Ich wünsche dir nicht die Dunkelheit, die ich erlebt habe.
In mir ist kein Zorn, nicht einmal ein bitterer Nachgeschmack.
Nicht, weil du mir noch etwas bedeutest – sondern genau, weil du es nicht mehr tust.

Du bist mir egal geworden.
Ein seltenes Gefühl in meinem Leben. Ein leises Wunder.

Manchmal kann ich es selbst kaum glauben. Und doch bin ich stolz auf mich.
Auf die Frau, die ich geworden bin. Auf den Weg, den ich überlebt habe.

Und obwohl ich die Ines von damals zurücklassen musste, denke ich oft still an sie.
Ich wünschte, sie könnte sehen, wie weit wir gekommen sind. Dass unser Leben weitergegangen ist.
Dass wir unser Licht wiedergefunden haben, und dass es heute heller strahlt als alles,
was uns jemals verdunkelt hat.

Danke an mich selbst, dass ich nicht aufgegeben habe.
Und danke an dich – denn ohne dich hätte ich nie erfahren, wie stark ich wirklich bin.

Auf nie mehr Wiedersehen.
Nicht in diesem, und nicht im nächsten Leben.

Ein Montag voller Menschsein

Weil manchmal der wichtigste Schritt ist, die Seele wieder aufwachen zu lassen.
Manchmal merkt man nämlich erst im Rückblick, wie sehr man sich selbst vermisst hat.

Irgendwann in der letzten Zeit, ist mir aufgefallen,
dass ich mich wieder leise aus meinem eigenen Leben geschlichen habe.
Statt mitten drin zu stehen, war ich nur noch Beobachterin.
Als wären die Farben in mir in den Winterschlaf gefallen.
Aufstehen, essen, lernen, arbeiten, schlafen – immer das Gleiche.

Und obwohl ich all das jeden Tag getan habe, bin ich innerlich stehen geblieben.
Ein bisschen verloren, ein bisschen gelangweilt, ein bisschen frustriert. Vor allem aber: farblos.
Keine Kreativität. Keine Idee. Kein Funken Magie.
Nur dieses dumpfe Gefühl in mir, dass alles gerade ein bisschen zu grau ist.
Zu langweilig – zu monoton.

Vielleicht kennt ihr das auch. Dieses automatische Funktionieren.
Dieses „Ich passe mich kurz mal an, damit ich nicht aus der Reihe tanze“.
Und ehe man sich versieht, wacht man mitten im Hamsterrad auf –
obwohl man dachte, man hätte sich längst davon befreit.

Ich frage mich regelmäßig, wie ich eigentlich schon wieder ins nächste Labyrinth geraten bin –
und warum ich jedes Mal glaube, ich müsste sofort den Ausgang finden.
Der erste Gedanke ist „Wo ist der Ausweg – wie geht’s hier raus?“

Und was mir gerade auffällt:
Viele stecken genau in ähnlichen Phasen fest. Drehen sich genauso im Kreis wie ich.
Irgendwie müde. Irgendwie ohne klaren Plan. Irgendwie wartend auf „besser“.
Unzufrieden da, wo sie gerade sind.

Doch auch solche Phasen gehören dazu.
Sie sind nicht das Ende, sondern oft der Anfang von etwas Neuem.
Wir dürfen verloren sein, ohne uns zu verurteilen.
Dürfen hinfallen. Dürfen langsamer werden. Dürfen Zeit brauchen, um wieder aufzuwachen.

Heute fühle ich mich ein bisschen klarer. Noch nicht ganz munter, aber wachgerüttelt.
Ich taumle noch, aber ich bin wieder da.
Als würde mein inneres Licht langsam wieder den Weg nach außen finden.
Der Fiebertraum der letzten Wochen löst sich – Stück für Stück.

Ich glaube, genau das ist die Lektion: dem eigenen Tempo zu vertrauen.
Nicht jeden Tag die Welt festhalten müssen, nicht unaufhörlich Stärke zeigen.
Manchmal reicht ein einziger Atemzug, ein stiller Halt –
eine Pause ohne Schuldgefühl, ohne die leise Anklage im Herzen.
Kein Fallen, das bestraft werden muss, kein Loslassen, das erklärt werden soll.
Nur dieses einfache, stille Recht: Mensch zu sein.

Zwischen dem Grau wächst irgendwann wieder Farbe.
Zwischen Stillstand und Chaos erwacht ein neuer Funke.
Zwischen Müdigkeit und Ungeduld ein leiser Moment,
der uns zeigt, wie schön das Leben sein kann,
wenn wir es nicht auf Autopilot stellen.

Wie kleine Blumen im Sturm – nicht unverwüstlich, aber getragen von der Erinnerung,
dass in uns noch immer Farbe steckt.

Also:
Lass uns heute die kleinen Dinge sehen.
Den Kaffee, der gut riecht. Den Regen, der Geschichten erzählt.
Den winzigen Moment, in dem wir wieder ein Stück mehr wir selbst sind.

Wir leben schließlich alle zum ersten Mal.
Warum also sollten wir perfekt durch dieses Leben tanzen?
Wir dürfen stolpern. Wir dürfen neu anfangen. Wir dürfen anders sein.

Heute reicht es, wieder ein bisschen Farbe in mir zu spüren.
Und selbst wenn es nur ein winziger Funke ist – er reicht, um weiterzugehen.

Ein kleiner Schritt nach vorne. Nicht perfekt. Aber echt – ein stilles Zeichen dafür,
dass ich immer wieder meinen Weg finde.
Ein bisschen wackelig und doch voller Magie ✨

Ich weiß wohin ich will — und trotzdem zieht es mich kurz zurück.

Ich schreibe, weil Veränderung manchmal im Stillen beginnt
und ich mir selbst dabei zuhören will, wie ich werde.
Nicht aus Verlust, sondern aus Reife.
Nicht, weil ich zerfalle — sondern weil ich mich neu zusammensetze.

Manche Gefühle tragen Schatten, manche Licht,
und oft weiß ich erst später, welches welches war.
Aber ich lerne, dass Wachstum beides braucht:
Zartheit und Klarheit, Mut und Zögern, Mondlicht und den Mut,
am nächsten Morgen aufzustehen.

Das hier ist kein Drama und kein Märchen.
Es ist ein Moment. Ein Zwischenraum, in dem alte Wunden atmen dürfen,
damit neue Haut Platz hat, zu entstehen.

Ich teile das nicht, weil ich mich verliere, sondern weil ich mich finde —
geduldig, schichtweise, mit dem Wissen, dass Heilung nicht laut sein muss, um echt zu sein.

Bevor du weiterliest: Ich breche hier nicht — ich bewege mich.
Ich lerne in Echtzeit, Veränderung ist manchmal laut und manchmal leise – aber immer ehrlich.

Das ist kein Drama, sondern Entwicklung.
Und ich nehme dich mit, in diesen Zwischenraum, wo Mut und Zweifel gleichzeitig atmen.

Ich hatte so eine Angst davor, mich darauf einzulassen.
Du warst wirklich einer von den Menschen, die ich am liebsten um mich hatte.
Es war so einfach und unkompliziert.
Ich habe dein Dasein einfach genossen und nie hinterfragt.

Und plötzlich fällt es mir schwer, dich überhaupt anzuschauen.
Im selben Raum zu sein, macht mich nervös und verwirrt,
und ich verstehe nicht, wieso.

Du kennst mich auf eine Weise, wie es nur sehr wenige tun.
Manchmal frage ich mich, ob es richtig war, mich so zu zeigen.
So, wie ich bin, wenn ich niemanden schützen will — auch nicht mich selbst.

Ich habe solche Angst davor, was passieren könnte.
So große Angst, dass ich es gar nicht erst versuchen will. Dass ich mich nicht darauf einlassen kann.
Beim letzten Mal hat es mich so gebrochen, dass ich ehrlich glaube,
ich würde es nicht noch einmal überstehen.

Ich bin wütend auf dich, weil du es aussprechen musstest. So wütend.
Warum konnten wir nicht einfach weitermachen wie davor?
Ich weiß nicht, ob du etwas zerstört hast oder nur eine Tür geöffnet hast, vor der wir beide längst standen,
blind für das, was dahinter wartete.

Ich hasse dich dafür – weil ich dich eigentlich gar nicht hasse.
Und weil du mir immer noch das Gefühl gibst, dass du wartest. Dass ich Zeit habe.

Wie kannst du immer noch warten? Worauf genau?
Und was, wenn es wieder nicht gut endet — was bleibt dann zurück?

Ich weiß, dass ich dir nicht das geben kann, was du dir für deine Zukunft wünschst.
Und vielleicht kannst du mir auch nicht dorthin folgen, wo ich mit mir weitergehe —
nicht ohne dich zu verbiegen und nicht ohne dich von dir selbst zu entfernen.
Und ich will dafür kein kurzes Glück eintauschen, keinen sanften Vorgeschmack auf etwas Schönes,
nur um später schwerer zu fallen, als wir am Anfang leicht waren.

Ich hasse mich dafür – ein bisschen mehr jedes Mal.

Ich kann einfach nicht abschließen mit uns. Mit dir.
Ich komme immer wieder zurück.
Und jedes Mal ärgere ich mich darüber, dass wir uns nicht einfach loslassen können.
Wie stur kann man sein, wie verbissen, wie naiv?

Wir wissen beide, wie sehr wir uns triggern können
und wie schnell alles aus dem Ruder laufen kann.
Und trotzdem habe ich das Gefühl, dass du dir immer wieder Mühe gibst,
immer wieder weitermachst – und deswegen gebe ich auch nicht auf,
obwohl ich so gerne weglaufen würde.

Wir sind so verschieden in so vielem, in unserer Art, in unserer Welt.
Und trotzdem zieht es uns immer wieder zueinander.

Ich bin wütend, dass du mir Zeit gibst und mich warten lässt.
Dass von dir nichts kommt und ich mich fühle wie der Idiot,
der alte Wunden immer wieder aufreißt.

Ich hasse, wie gut du mir trotzdem getan hast.
Und gleichzeitig weiß ich, wie schwer es mit dir ist —
und wie schwer es manchmal auch mit mir ist.

Ich weiß nicht, ob es jemals einfach sein wird.
Ob wir jemals nicht arbeiten müssten.
Ob einem von uns irgendwann die Kraft ausgeht – und wem zuerst.

Ich hasse die Seiten, die du in mir hervorholst.
Dinge, die ich gut versteckt und weggesperrt habe.

Du stellst alles infrage, was ich von mir zeige und was ich mir seit Jahren selbst einrede.

Und trotzdem bist du geblieben. Wir beide sind geblieben.
Normalerweise bin ich am Ende alleine in solchen Geschichten.
Wir sprechen nicht mehr, und doch hält etwas in uns noch fest — leise, aber spürbar.

Ich weiß nicht, ob das ein kranker Witz ist, eine Prüfung oder eine verpasste Chance.
Ich weiß einfach nichts, wenn wir zwei zusammen sind.

Und das macht mir Angst.
Das macht mich wütend.

Es fühlt sich neu an und gleichzeitig vertraut –
wie ein Film, den ich schon gesehen habe, ein Buch, das ich schon gelesen habe.

Und ich kann nicht herausfinden, was das bedeutet.

Es ist, als würdest du mir die Augen schließen und ich fürchte mich vor der Dunkelheit –
und fühle mich trotzdem so gesehen wie selten im Leben.

Ich weiß nicht, ob wir füreinander richtig sind oder uns nur in unserer Vergangenheit spiegeln.
Ob uns etwas Toxisches anzieht und wir diesmal selbst entscheiden müssen,
ob wir den Weg erneut gehen oder endlich weitergehen.

Und am meisten hasse ich, dass ich mir immer wieder wünsche, dass es nicht so ist.
Dass nichts davon negativ ist und dass es diesmal gut wird.
Dass wir richtig sind.
Dass wir zueinander gehören.

Ich hasse die Ungewissheit.
Den Nebel in mir, der mich nichts klar sehen lässt.
Chaos in meinem Kopf und keine Ahnung, wie ich das wieder ordnen soll.

Ich fühle mich, als wäre ich genau das geworden, was mich einmal zerstört hat – eine rote Flagge.
Ich bin jetzt die Böse.

Ich hasse, dass ich dich vermutlich immer mit mir tragen werde. Dass es nie ganz vorbei sein wird.
Dass ich mich immer fragen werde,
was gewesen wäre, wenn wir es einfach versucht hätten.

Ich hasse es, weil ich Ruhe und Sicherheit suche –
und du der Sturm bist, der alles davon fortbläst.

Vielleicht muss ich gar nicht alles sofort verstehen oder abschließen.
Vielleicht geht es gerade darum, dass ich mich neu kennenlerne, dort, wo früher Mauern waren und jetzt ein vorsichtiges Flimmern von Mut entsteht.
Manche Gefühle bleiben in uns, nicht weil wir sie festhalten,
sondern weil sie uns verändern — leise, Schicht für Schicht,

Vielleicht darf Angst hier sein – nicht als Warnung, sondern als Einladung.
Ein leises Zittern vor dem Unbekannten, das nicht droht, sondern Neues öffnet.
Ich muss mich nicht dafür schämen, vorsichtig zu sein. Vorsicht bedeutet nicht Schwäche.
Manchmal bedeutet sie Liebe. Für das, was war. Und für das, was jetzt in mir wächst.

Ich trage das nicht als Last, sondern als Anfang.
Als Erinnerung daran, dass ich fühlen kann, tief und unbeholfen und echt.
Und während ich weiteratme, heilt etwas in mir, ohne Eile, ohne Druck —
ich lerne mich neu kennen an den Stellen, die lange leise waren.

Vielleicht ist das genug: weitergehen, ohne zu greifen, ohne wegzustoßen,
einfach Schritt für Schritt zurück in mich hinein.
Manche Geschichten müssen nicht abgeschlossen sein, um Frieden zu finden.
Manche Dinge in uns dürfen bleiben, bis sie weich werden,
bis sie keinen Schmerz mehr brauchen, um wahr zu sein.

Und wenn das Alte irgendwann leicht wird, werde ich wissen, dass das Zittern nie Angst war,
sondern der erste Atemzug von Freiheit.

Und irgendwann wurde mein Körper wieder Heimat

Vom Hungern, vom Lernen, vom Heilen.

🌱 Triggerhinweis:
In diesem Text geht es um Essstörungen, Körperbild, familiäre Themen und mentale Gesundheit.
Lies bitte achtsam – nur so, wie es sich für dich gut anfühlt.
Wenn du merkst, dass etwas in dir anklopft: atme, pausiere, komm später zurück.
Du bist wichtiger als jeder Text.

Da ich mir inzwischen mein zweites Standbein immer stabiler aufbaue und mich auf diesem Weg immer wohler und sicherer fühle, möchte ich heute zurück an den Ursprung gehen. Denn bevor ich erzählen kann, wie ich hierher gekommen bin, muss ich erzählen, wo alles begann.
Das hier ist meine Geschichte. Meine Reise mit Essstörungen – und mit mir selbst.

Ich möchte die transparenteste und authentischste Version von mir zeigen. Nicht, weil es leicht ist, darüber zu sprechen, sondern weil es ehrlich ist. Und weil es wichtig ist, zu verstehen, warum ich heute tue, was ich tue und warum ich meine Arbeit so gestalte, wie ich sie gestalte. Ernährung war immer ein Thema in meinem Leben, ohne dass ich es wirklich bewusst wahrgenommen hätte. Ich hätte früher nie gedacht, dass ich einmal beruflich damit zu tun haben würde – aber rückblickend ergibt es fast erschreckend viel Sinn.

Meine Beziehung zum Essen war nie einfach und nie geradlinig. Sie hatte keine klaren Startpunkte, eher Schatten, die sich langsam in mein Leben webten. Als Kind war ich „hacklig“, wie man bei uns sagt – vorsichtig mit Neuem, skeptisch gegenüber unbekannten Lebensmitteln. Zum Glück war meine Mutter jemand, der mich nie zwang, den Teller zu leeren oder etwas zu essen, das ich nicht wollte. Dafür bin ich ihr bis heute dankbar. Denn intuitives Essen beginnt dort, wo Druck endet. Und zumindest am Anfang gab es diese Freiheit.

Zu Hause gab es wenig gemeinsame Mahlzeiten am Tisch. Alltag, Stress, jeder für sich. Niemand kontrollierte, ob oder was ich aß. Ich hätte mich theoretisch von Süßigkeiten ernähren können und es wäre niemandem aufgefallen. Und doch aß ich damals „normal“, soweit man das sagen kann, wenn Normalität bei jedem anders aussieht.

Der erste Moment, der sich tief eingebrannt hat, sitzt allerdings am Küchentisch in unserem alten Haus. Und nein – es ging nicht um Essen an sich, sondern um einen Blick. Mein Vater ist Alkoholiker. Ich erinnere mich daran, beim Frühstück zu sitzen und von seinen leeren, kalten Augen fixiert zu werden. Ein Blick, der mich gleichzeitig erstarren ließ und verschluckte. Ein Gefühl von Bedrohung, das ich damals nicht verstand, aber das sich still in mir festsetzte.
Damals wusste ich nicht, was genau ich in diesem Blick sah – nur, dass dahinter etwas Dunkles lauerte. Etwas, das spürte, dass in mir etwas war, das Licht trug. Und manchmal glaube ich, es war genau dieses Licht, das dieser Blick ersticken wollte. Aber diese Geschichte ruht noch – und bekommt ihren Raum an einem anderen Tag.

Meine Mutter arbeitete viel, ich war viel allein, Essen verschwand aus meinem Alltag. Ich spürte keinen Hunger mehr. Vorkochtes Essen landete im Müll. Und theoretisch hätte sich das irgendwann in emotionales Essen verwandeln können, aber das tat es nicht. Ein Grund dafür war meine Schwester. Ihre Kommentare über Körper, „Problemzonen“ und „Schwabbeln“ begleiteten mich täglich. Heute weiß ich, dass das viel über ihre eigene Unsicherheit sagte und wenig über mich. Ich habe ihr verziehen, aber geprägt hat es mich trotzdem.
Worte können zu inneren Spiegeln werden – und manchmal halten sie ein Bild fest, das nie wirklich existiert hat. Bis heute gibt es Tage, an denen ich im Spiegel nicht meinen Körper sehe, sondern den, den sie damals kritisierte. Zu breite Oberschenkel, selbst wenn sie schmal sind. Ein verzerrtes Echo, das sich leise hält, aber bleibt. Bodydysmorphia hat ihre Wurzeln dort geschlagen – tief, still, und hartnäckig.

Ich wollte essen, aber ich hatte Schuldgefühle. Ich wollte zunehmen, aber ich hatte Angst. Und so rutschte ich in den nächsten Abschnitt: Binge-Episoden, Schuld, Erbrechen. Mahlzeit für Mahlzeit. Finger im Hals. Ein Wechsel aus Hunger, Scham und Verzweiflung. Bis zu jener Klassenfahrt, an der ich auf der Toilette ertappt wurde. Bis Gelächter und abfällige Worte durch die Tür drangen. „Wie ekelhaft.“ „Was für ein Freak.“ Nicht ein einziger Mensch sah, dass ich Hilfe brauchte.

Dann kamen Social Media, Idealbilder, vermeintliche Gesundheits-Trends, „Eat clean“, „Balance“, aber nur unter Bedingungen. Ein krankes System, verkleidet als Lifestyle. Und irgendwann kam jemand in mein Leben, der zunächst Freiheit brachte: Genuss, neue Lebensmittel, ein Gefühl von Normalität. Dann kamen Alkohol und Drogen dazu. Und irgendwann fühlte ich nichts mehr – nicht einmal Hunger.

Vier Jahre später war ich ausgebrannt. Leerer als leer. 40 Kilo. Gürtelrose, Entzündungen, Schmerztabletten. Mein Körper schrie. Und zum ersten Mal hörte ich hin. Plötzlich war ich allein. Keine Freunde mehr, kein Halt – nur meine Mutter und ich. Der Wendepunkt.

Ich musste essen neu lernen. Kochen neu lernen. Leben neu lernen.
Und zum ersten Mal hatte ich nicht nur mich. Ich hatte ein kleines, ehrliches Team hinter mir. Meine Mama – die ich jahrelang weggestoßen hatte, und deren Liebe ich erst viel später wieder annehmen konnte. Bis heute tut es weh, wie lange ich sie im Stich gelassen habe.
Und dann kam Luke. Mein Seelenhund. Kein Plan, kein Zufall – sondern ein Wesen, das in genau diesem Moment zu mir fand und seitdem ohne Bedingung, ohne Urteil, einfach da ist. Wer je von einem Tier gerettet wurde, weiß, was ich meine.
Irgendwann, nach Monaten der Isolation, trat auch wieder ein Mensch in mein Leben. Vorsichtig, geduldig. Eine Freundin, die mich zurück ins soziale Leben holte und mir zeigte, dass man Menschen wieder vertrauen kann. Dass Verbindung wieder möglich ist. Dass ich nicht für immer allein sein würde.

Heute akzeptiere ich meinen Körper als mein Zuhause.
Nicht, weil alles perfekt ist – sondern weil er mich durch alles getragen hat.
Ich werde nie wieder versuchen, ihn umzubauen oder zu verlassen, nur um anderen zu gefallen.
Aber Akzeptanz heißt nicht, dass es keine Schatten mehr gibt. Essstörungen verschwinden nicht einfach. Sie verändern Form, sie werden leiser – manchmal flüstern sie. Es gibt Tage, an denen Essen schwer ist, Tage, an denen ich meine Sättigung nicht spüre, Tage, an denen der Spiegel mich an alte Versionen von mir erinnert.
Und genau deshalb gehe ich diesen Weg. Genau deshalb begleite ich Menschen heute in ihrer Beziehung zu Essen und Körper. Nicht von einem perfekten Podest aus – sondern von Mensch zu Mensch. Verletzlich, unperfekt, ohne Urteil. Mit Licht. Mit Geduld. Mit Liebe.
Denn das Ziel ist nicht Perfektion.
Das Ziel ist Frieden.
Das Ziel ist Zuhause-sein im eigenen Körper – auch an den Tagen, an denen es schwer ist.
Wir alle verdienen das.
Und wir alle verdienen es, satt zu sein.
Im Körper. Im Herzen. Im Leben.

Manchmal fühlt sich der eigene Körper an wie ein Ort, an dem man erst wieder ankommen lernen muss.
Wenn du das kennst — dieses leise Ringen, dieses Suchen — dann nur als Erinnerung:
Du musst nicht heute alles verstehen.
Du musst nicht fertig sein, um auf dem richtigen Weg zu sein.

Heilung ist oft kein großer Moment, sondern viele kleine.
Und jeder einzelne zählt.

🌿 Du bist hier – und das ist genug.

Für den Fall, dass wir uns wiederfinden

Manche Menschen beendet man nicht wirklich.
Nicht, weil man festhält, sondern weil etwas an ihnen zu wahr war, um einfach zu verschwinden.
Es gibt Verbindungen, die nicht enden — sie werden nur leiser, treten ein Stück zurück, warten irgendwo im Hintergrund, als würden sie darauf vertrauen, dass man eines Tages wieder hinsieht.

Ich habe nie verstanden, wie man so leicht mit Menschen abschließen kann.
Vielleicht bin ich dafür zu tief, zu verbunden mit dem, was einmal echt war.
Manchmal geht man weiter, weil das Leben nach vorne zieht und man selbst so tut, als sei alles gut.
Und doch bleibt da immer ein Teil, still und leise, der einfach sitzen bleibt.
Bereit, falls das Leben irgendwann flüstert: Vielleicht doch. Vielleicht jetzt.

Für immer dieser Was-wäre-wenn-Mensch in meinem Leben —
ein Fragezeichen, das sich weigert zu verblassen.
Eine Ballade über zwei Seelen,
die immer mehr waren als nur Freunde
und trotzdem nie ganz wussten, wohin mit diesem „Mehr“.

Ich weiß inzwischen, dass ich diese Gefühle für dich immer mit mir tragen werde.
Nicht laut, nicht täglich — eher wie ein Echo, das ab und zu aufleuchtet,
mal flüsternd, mal dröhnend,
nie ganz weg, nie ganz in Frieden.

Zwischen Wut, Sehnsucht, Verwirrung und dieser seltsamen Form von Zuhause
haben wir uns verloren.
Und seit du nicht mehr da bist, ist zwischen uns Stille —
und in mir ein Lärm aus Erinnerungen,
der manchmal sanft rauscht
und manchmal tosend brennt.

Von Fremden zu Freunden, zu besten Freunden
und irgendwie immer ein bisschen mehr —
nur um am Ende wieder Fremde zu werden.
Seltsam, wie jemand, der einmal ein Zuhause war,
plötzlich wieder eine Tür ist, durch die man nicht mehr tritt.

Manchmal frage ich mich, ob wir jemals eine echte Chance hatten,
oder ob wir zwei Seelen waren,
die dazu bestimmt sind, sich zu finden —
und sich trotzdem jedes Mal zu verlieren.
Nicht, weil wir schwach waren.
Sondern weil wir zu viel waren.
Zu intensiv, zu ehrlich, zu unverblümt, zu uns.

Feuer und Luft.
Schön, wild, gefährlich.
Zu leicht ein Sturm, zu schnell ein Brand.
Ein Gleichgewicht, das nie wirklich stand,
und trotzdem sind wir immer wieder hineingelaufen,
als müssten wir sehen, wie hell wir leuchten,
bevor wir wieder verglühen.

Ich konnte lange nicht einordnen, was du für mich warst.
Alles war Nebel, alles zu nah und zu viel.
Meine Naivität kollidierte mit deiner Sturheit,
dein Temperament traf meine Angst vor Lautstärke.
Du mit deinem Kopf.
Ich mit meinem Bauchgefühl.
Zwei Systeme, die sich nicht verstehen konnten —
und sich trotzdem magnetisch fanden.

Und manchmal glaube ich,
wir haben uns nicht zum ersten Mal begegnet.
Als hätten wir schon Leben geteilt,
Rollen getauscht,
uns verloren und wiedergefunden
über Zeiträume hinweg, die wir nicht erinnern können,
aber fühlen.

Vielleicht waren wir einmal alles füreinander,
und genau deshalb sind wir jetzt Möglichkeit statt Gewissheit.
Verbunden, verflucht, nicht fertig —
niemals ganz vorbei,
nur nie zur richtigen Zeit.

Ob wir uns in diesem Leben noch einmal finden sollen?
Ich weiß es nicht.
Mein Kopf sagt nein.
Mein Herz schweigt —
und genau darin liegt die Wahrheit.

Es gibt Tage, da vermisse ich dich so sehr,
dass die Luft stockt.
Und es gibt Tage, an denen bist du leises Hintergrundrauschen,
kaum spürbar,
aber nie ganz verschwunden.

Die Liste der Dinge, die ich dir noch sagen wollte, ist lang.
Und trotzdem fehlen mir manchmal die Worte,
als hätte ich Angst, etwas zu wecken,
das ich gerade erst schlafen gelegt habe.

In unserer Geschichte bleibt ein Lesezeichen.
Nicht, um zurückzukehren —
sondern weil manche Kapitel nachhallen,
selbst wenn die Seiten längst umgeblättert sind.

Ich schreibe das nicht, um festzuhalten,
und auch nicht, weil ich nicht loslassen kann.
Ich schreibe, weil manche Geschichten nicht einfach verschwinden,
nur weil man aufhört, sie laut zu erzählen.
Manche Verbindungen ruhen — sie sterben nicht.
Sie schlummern irgendwo zwischen Erinnerung und Möglichkeit,
leise, warm, wie eine Flamme, die kleiner geworden ist,
aber immer noch brennt.

Vielleicht war das unser Ende.
Vielleicht nur eine Pause.
Ich weiß es nicht,
und vielleicht muss ich es auch gerade nicht wissen.
Ich gehe weiter, so gut ich kann,
lasse die Zeit machen, was Zeit nun einmal macht.

Aber irgendwo in mir bleibt ein Platz —
nicht klammernd, nicht festhaltend,
nur offen.
Für den Fall, dass wir uns irgendwann wieder begegnen.

Und bis dahin
trägt mein Herz uns still ein Stück weiter.

🐾Ein Brief ans Leben (und an meinen Seelenhund)

Zwischen Pfoten und Herzschlägen – was Luke mich über Liebe gelehrt hat.
Ein Text über Mut, Verlustangst, Vertrauen –
und die unerschütterliche Liebe, die bleibt, wenn alles andere vergeht.

Ich sag immer, wie gern ich allein bin, wie sehr ich das genieße und dass es mir nichts ausmacht.
Doch dann sitz ich am Abend auf meinem Wohnzimmerboden, sehe Luke vor mir – und plötzlich trifft es mich mit voller Wucht.

Worüber ich nie spreche, wovor ich mich fast drücke, weil ich glaube, dieses Kapitel einfach überspringen zu können – als käme es niemals:
Eine meiner allergrößten Ängste ist es, nach Hause zu kommen und Luke ist nicht mehr da.
Ist es dann überhaupt noch Zuhause?
Wie könnte es das sein – ohne ihn?

Es fühlt sich so unfassbar unrealistisch und unfair an, mein Leben ohne ihn weiterleben zu müssen.
Manchmal spüre ich, wie mein Herz jetzt schon Tag für Tag ein kleines Stück bricht.

Und trotzdem – ich würde diesen Schmerz, dieses Vermissen, wieder und wieder auf mich nehmen,
wenn es bedeutet, ihn noch einmal an meiner Seite zu haben.
Ein Leben lang vermissen – für ein Leben voller Liebe mit ihm.

Ich glaube, für viele ist so eine Verbindung nicht greifbar.
Solche Emotionen können manche gar nicht nachvollziehen –
wie schade das ist.
Was für ein stiller Verlust, niemals so tief zu fühlen.
Nie zu begreifen, was es heißt, wenn Liebe keine Worte braucht,
weil sie einfach ist.
Sie schenkt mir jeden Tag, egal wie lang oder schwer er ist, aufs Neue den Mut, weiterzumachen –
zu leben.

Kein Haustier.
Nicht nur ein Familienmitglied oder bester Freund.
Sondern ein Teil von mir,
ein Stück meines Herzens, das ich immer mit mir trage – egal was passiert.

Und trotzdem erwische ich mich immer wieder bei dem Gedanken:
Mach ich eigentlich genug?
Bin ich gut genug für so ein treues, reines Wesen?
Schenke ich ihm auch nur annähernd genug Liebe, um ihm zu danken –
danken dafür, dass er in mein Leben gefunden hat und mich seitdem nie mehr allein lässt.

Nie wirklich allein zu sein.
Immer einen Fels in der Brandung zu haben.
Jemanden, der mich seit Tag eins genauso nimmt und akzeptiert, wie ich bin –
der mich nicht ändern würde, sondern mich inspiriert, besser zu werden,
mehr zu sein als einfach nur lebendig.

Ich bin ja immer schon mit Hunden aufgewachsen –
diese wunderbaren Beschützer waren immer um mich.
Aber du, Luke… du bist alles – und so viel mehr als ich je kannte.
Mein erster eigener Hund,
und mein größter Herzschmerz des Lebens.

Ich habe mein Leben lang nach einem einzigen wahren Freund gesucht,
nach einer Seele, die bleibt – und dann kamst du.
Mein Therapiehund ohne Ausbildung,
weil du mich vom ersten Tag an gespürt und verstanden hast –
ohne zu verurteilen.

Mein sensibler, feinfühliger Weggefährte,
stark wie ein Sturm und sanft wie der Wind.
Der soziale Schmetterling von uns beiden –
denn mit dir hörte meine toxische Selbstisolation auf.
Kein Verstecken mehr. Kein Rückzug in die Stille.

Du bist mein Lernprozess in so vielen Farben und Formen.
Wir sind miteinander gewachsen – und das hat uns stärker gemacht.
Alles, was ich noch nicht war, hast du aus mir hervorgeholt.
Du hast mich wieder erinnert,
wie schön es ist, aufzufallen, anders zu sein –
einfach der Nase nach durchs Leben zu tanzen,
die Luft zu atmen, die Augen zu öffnen und zu sehen,
wie unfassbar schön das Leben eigentlich ist.

Und obwohl die Angst, irgendwann wirklich allein zu sein, tief in mir sitzt,
ist das schlechte Gewissen im Voraus schon zu groß,
auch nur daran zu denken, unsere Familie zu erweitern.
So sehr ich mir wünsche, noch eine wunderbare Seele in unseren Kreis zu holen –
nicht, um zu ersetzen,
sondern um zu lieben –
so schwer fällt mir allein der Gedanke.
Weil ich niemals möchte, dass Luke sich ausgetauscht fühlt,
als würde ein Platz in meinem Herzen neu besetzt,
der doch längst vergeben ist.

Denn wenn ich könnte, würden wir überall gemeinsam hingehen.
Ich bin nur ich – mit ihm gemeinsam.
Und jeder, der mich kennt, kennt auch ihn.

Und egal, wie groß die Angst ist und wie untragbar der Schmerz –
ich würde mich immer wieder für dich entscheiden.
Ich würde dich immer wieder finden.
Mein Leben mit dir teilen –
auch wenn ich dich am Ende ein Leben lang vermissen muss.

Aber noch ist das keine Trauerrede.
Noch lange nicht.

Unser Weg gemeinsam ist gerade erst ins Rollen gekommen –
wir sind mittendrin in unserem Abenteuer.
Auf ganz viele weitere Tage, Monate und Jahre zusammen.
Auf das, was noch kommt, und was uns noch erwartet.
Auf neue Jahreszeiten, auf leuchtende Erinnerungen,
auf bedingungslose Liebe und unzählige Kuscheleinheiten.

Danke dir – für das, was war,
für das, was ist,
und für alles, was noch kommen wird.

Lass uns nie aufhören,
gemeinsam auch die kleinsten Kleinigkeiten groß zu machen –
und zu feiern.

Ich wünsche jedem so einen Seelenhund.
Wie viel schöner die Welt doch wäre,
und wie viel glücklicher die Menschen,
wenn wir alle so lieben würden. 🐾

Ich glaube, keiner von uns ist jemals fertig

Ich schreibe viel. Vielleicht, weil Worte meine Art sind, das Leben zu verstehen.
Und obwohl ich schon so viele Gedanken geteilt habe, erwischt mich das Leben immer wieder auf frischer Tat – mitten im Lernen, mitten im Fühlen, mitten im Sein.
Kein Mensch bereitet dich darauf vor, wie still und gleichzeitig überwältigend es sein kann, wenn Heilung plötzlich Gestalt annimmt – nicht als großes Feuerwerk, sondern als leises Ziehen irgendwo zwischen Herz und Verstand.
Also schreibe ich einfach weiter – nicht, um zu erklären, sondern um mich selbst dabei zu ertappen, wie ich Stück für Stück verstehe.

Keiner warnt einen vor den positiven Nebenwirkungen und Lernprozessen der Selbstheilung und Selbstverwirklichung – also mache ich jetzt einfach mal den Anfang.
Ich darf gerade am eigenen Leib sehen und fühlen, dass man nicht nur durch negative Erfahrungen lernt und wächst – sondern manchmal sogar noch mehr durch die positiven.

Was dir niemand sagt, ist, dass sich die richtigen und vor allem gesunden Entscheidungen auf dem Weg des Loslassens alter Muster oft seltsam und falsch anfühlen können.
Grenzen zu setzen – selbst in einem liebevollen Umfeld, bei Menschen, die uns sehr am Herzen liegen – fühlt sich schon beim Aufschreiben irgendwie falsch an.
Denn die eigentliche Herausforderung liegt diesmal nicht im Grenzen setzen selbst, sondern darin, das schlechte Gewissen beiseitezulegen und alte Erfahrungen loszulassen, die uns dabei im Weg stehen.

In solchen Momenten geht es nicht um Rechtfertigung oder Entschuldigung, nicht darum, Vorwürfen auszuweichen oder sich auf Manipulationsversuche vorzubereiten.
Nein – die einzige Lektion, die wir hier lernen dürfen, ist:
Es ist absolut okay, Grenzen für sich selbst zu setzen.
Es ist kein Verbrechen, einmal Nein zu sagen. Und es macht dich nicht zu einem schlechten Menschen, wenn du dich selbst priorisierst – anstatt, wie gewohnt, immer zuerst für andere da zu sein.

Die richtigen Menschen um dich herum werden dich weiterhin lieben – gerade weil du dich nicht mehr ständig verbiegst, um es allen recht zu machen.
Sie werden dich unterstützen, dir Kraft geben und dich darin bestärken, deine eigenen Prioritäten zu schätzen und für dich selbst einzustehen.
Gemeinsam werdet ihr selbst die kleinsten Erfolge feiern und Raum schaffen – für ehrliche Kommunikation und gegenseitige Reflexion.

Denn wir alle leben zum ersten Mal. Und keiner von uns ist perfekt.
Wir lernen miteinander – und manchmal auch durcheinander.
(zumindest im richtigen Umfeld.)

Und genau das ist vielleicht die wichtigste Lektion auf dem Weg zu uns selbst.

Manchmal gehört dazu auch, zu akzeptieren, dass man nicht mit allen Menschen dauerhaft in Kontakt bleibt.
Oft trifft es genau jene, die uns am meisten inspiriert haben, oder die sich am schnellsten in unser Herz geschlichen haben.
Menschen, die das Universum uns wie kleine Geschenke auf den Weg legt – nicht, um dauerhaft zu bleiben, sondern um uns kurze Lichtmomente zu schenken. Erinnerungen, an denen wir uns an dunklen Tagen wärmen dürfen – als kleine Hoffnungsschimmer, nie aufzugeben.

Für mich war das eine der schwersten Lektionen – besonders in diesem Jahr.
Ich habe so viele wundervolle Menschen kennengelernt, oder durfte manchen, die ich schon kannte, näherkommen.
Und doch musste ich lernen: Egal, wie besonders sich eine Verbindung anfühlt – manche Menschen sind einfach nicht dafür bestimmt zu bleiben.

Und das braucht keinen Auslöser, keinen Streit, keinen Abschied.
Manchmal gibt es einfach zwei Leben, die nebeneinander weiterlaufen, ohne sich dauerhaft zu kreuzen – wie Parallelen, die sich nie treffen sollen, aber immer nah beieinander bleiben.

Früher hatte ich deswegen oft ein schlechtes Gewissen.
Ich fragte mich:
Warum schaffe ich es nicht, den Kontakt zu halten, obwohl ich es so sehr will?
Liegt es an mir? Bin ich das Problem?
Sind meine Hände dazu bestimmt, Menschen loszulassen, statt sie zu halten?

Stopp.
Die Selbstsabotage hat wieder angeklopft.
Doch diesmal bin ich ihr nicht mit Angst begegnet – sondern mit Ruhe.
Wie einem alten Freund, der mich nur daran erinnert, dass die Entscheidung, wie ich reagiere, immer schon meine war.
Und genau das war der Schlüssel, um weiterzuwachsen.

Heute sehe ich es anders.
Ich erkenne die Schönheit in diesen Begegnungen.
Anstatt nur das „Verlassen“ zu sehen, richte ich meinen Blick auf das Geschenk dahinter.
Ich habe gelernt, die Momente im Hier und Jetzt zu genießen, Menschen zu schätzen, solange sie da sind, und meine Gefühle ehrlich zu zeigen, ohne sie zweimal zu überdenken.
Ich springe über meinen Schatten, lasse mich auf spontane Augenblicke ein – und genieße sie mit offenem Herzen.

Ich trage meine Sternschnuppenmenschen für immer in mir – ein Mosaik aus all den bunten Seelen, die meinen Weg gekreuzt haben.
Wie schön ist der Gedanke, dass sich zwei Welten kurz berühren dürfen – nicht für ein gemeinsames Kapitel, sondern für eine Zwischengeschichte.
Vielleicht waren es Begegnungen aus einem anderen Leben, ein versprochenes Wiedersehen – zeitlos, grenzenlos, schön.

Und für alle, die jetzt den Kopf schütteln:
Ja, Gedanken und Emotionen dürfen so tief gehen.
Man darf die Welt ruhig außerhalb des Fernglases betrachten – und sie sich in mehr als drei Farben ausmalen.
Denn Magie stirbt nie, solange wir sie selbst sind.

Ich glaube, keiner von uns ist jemals „fertig“.
Wir lernen, verlernen, stolpern und stehen wieder auf – und manchmal vergessen wir dabei, wie weit wir eigentlich schon gekommen sind.
Es ist okay, tief zu fühlen, zu zweifeln, zurückzugehen, nur um den Blick wieder mit dem Herzen auszurichten.
Denn genau dort, zwischen Stillstand und Neubeginn, zeigt sich oft das Schönste:
ein kurzer Moment des Erkennens, dass das Leben schon längst schön ist –
auch mit all seinen Falten, Fragen und unvollendeten Kapiteln. 🌿

💛 Das Herz als Leuchtturm 💛

Der September bringt ein Leuchten für die Aufmerksamkeit, die psychische Gesundheit verdient.
Der 10. September ist Welttag der Suizidprävention.
Aber egal, welcher Tag es ist – über dieses Thema zu sprechen, ist immer nötig. Jede Seele zählt, immer.


Lasst uns innehalten – für all die wundervollen Seelen, die diese Erde verlassen haben, weil sie zu eng, zu klein, zu erdrückend wurde.
Möge der Ort, an dem sie nun sind, heller, weiter, bunter sein – ein Himmel aus Licht, der sie trägt.

Ich erinnere mich an einen Satz, den ich einmal las:
Dass die Dunkelheit nicht nur die Betroffenen selbst umschließt, sondern auch ihre Liebsten.
Dass es erdrückend ist, zu sehen, wie jemand ringt, ohne verstehen zu können.
Dass Hilflosigkeit brennt wie eine stille Wunde.
Und dass manch einer beginnt, die Last des Anderen mitzutragen – auch wenn die eigene Schulter schon müde ist.

Seit jenem Moment trage ich den Vorsatz in mir:
meine Last nicht auf andere zu legen.
Ich möchte nicht, dass jemand ihretwegen verzweifelt.
„Geteiltes Leid ist halbes Leid“, sagt man –
doch manchmal, frage ich mich,
wird das Leid dadurch nicht nur doppelt so schwer?

Mein Päckchen begleitet mich seit Jahren.
Ich kenne sein Gewicht, seine Schatten, seine Ecken.
Ich weiß, wie es sich anfühlt, morgens aufzuwachen und ihm gleich ins Auge zu sehen.
Ich weiß, wie ich es abstelle, wenn es mir zu schwer wird.
Es gehört zu mir – und doch fürchte ich, dass es bei anderen die Waage kippen könnte.
Und dass mich die Schuld darüber zerbrechen ließe.

So habe ich früh gelernt:
Wahre Stärke bedeutet, im Sturm stehen zu bleiben.
Die Schwere auszuhalten.
Und mir selbst einzureden, dass genau darin auch ein Funken Sinn liegt.
Dieser Funken hat mich oft davor bewahrt, aufzugeben.

Ja, manchmal habe ich mich gefragt, ob ich suizidgefährdet bin.
Ob ich je den Gedanken hatte, aus dem Chaos zu fliehen.
Aber dieser Gedanke gehörte nie zu meinem Päckchen.
Vielleicht hätte eine andere Seele, in meinen Schuhen, längst aufgegeben.
Doch ich bin hier. Und irgendetwas in mir hat sich anders entschieden.

Mein Weg war mir immer klar:
Egal, was geschieht – ich will Licht sein.
Für die Menschen um mich.

Manchmal nur für einen Augenblick,
manchmal für länger.
Ich möchte, dass Menschen in meiner Nähe aufatmen können,
dass sie sich aufgehoben fühlen,
dass sie einen Funken Hoffnung mitnehmen –
dass das Leben trotz allem schön ist.
Wie wundervoll und magisch es ist,
dass wir alle hier und jetzt gemeinsam existieren.

Denn ich weiß, wie tief die Nacht sein kann.
Wie laut die Einsamkeit.
Wie eng Schmerz und Wut das Herz schnüren können.
Die Welt ist zu sehr daran gewöhnt, gegeneinander zu leben, nicht miteinander.
Genau deshalb bleibe ich.

Auch wenn ich belächelt werde, auch wenn ich missverstanden werde.
Die Welt braucht mehr Menschen, die ihr Herz nicht verlieren,
auch wenn es den schwereren Weg bedeutet.

Ich suche nach Liebe und nach Licht.
Und dabei erkenne ich –
ich war es selbst die ganze Zeit.