Nebenbei geheilt

Wo keine Rolle war – und dennoch Heilung

Vaterfigur.
Wenn ich ehrlich bin – und wie man sich mittlerweile als Leser:in wohl denken kann –
hat es für mich nie wirklich so etwas wie eine Vaterfigur in meinem Leben gegeben.
Und lange Zeit habe ich geglaubt, dass mir das nicht geschadet hat.
Dass es keine Spuren hinterlassen hat, keine Wunden, keine stillen Risse.

Doch da ich nie etwas anderes als den bösen Mann im Haus gekannt habe,
war es für mich nicht logisch, dass diese Rolle auch etwas Gutes tragen kann.
Dass ein Vater nicht automatisch Angst bedeutet.
Das habe ich sehr lange nicht verstanden.

Ich ging davon aus, dass jede noch so „gute“ Vaterfigur irgendwo etwas Dunkles in sich tragen muss.
Vielleicht hat mir dieser Gedanke geholfen, die Enttäuschung auszuhalten.
Zu glauben, dass ich einfach Pech hatte.
Dass mir eben ein besonders negativer Mensch zugeteilt worden war.

Heute weiß ich natürlich, dass ich damit kein Einzelfall war.
Und dass es vielen anderen genauso ergangen ist.

Wenn ich heute über Vaterfiguren in meinem Leben nachdenke,
taucht immer wieder derselbe Mensch vor mir auf:
der Exfreund – mittlerweile gute Freund – meiner Mama.

Er kommt dieser Rolle heute am nächsten.
Auch wenn wir gerade erst begonnen haben, uns auf dieser Ebene zu begegnen.
Auch wenn noch unklar ist, wo diese Geschichte endet.

Als Kind und Jugendliche habe ich ihn nie als Vaterersatz gesehen.
Eher als einen freundlichen Fremden.
Und doch war er von Anfang an präsenter als mein biologischer Vater es je war.

Rückblickend bin ich unendlich dankbar dafür,
dass von seiner Seite nie der Versuch kam, diese Rolle einzunehmen.
Kein Drängen. Kein Anspruch.
Kein unausgesprochener Druck, ihn als neues Familienmitglied akzeptieren zu müssen.

Stattdessen war er einfach da. Immer öfter.
Beim Essen. Bei Feiern. Oder irgendwo dazwischen.
Und auch da nicht jedes Mal –
denn selbst das hätte mich damals schon überfordert.

Er war kein Stiefvater. Kein Vater-Ersatz.
Sondern einfach ein vertrautes Gesicht.
Eines, das keine Angst verbreitete.
Keines, das Panik auslöste.
Sondern eines, das Gesellschaft schenkte.

Natürlich waren wir damals beide andere Menschen als heute.
Auch du hattest deine eigenen Kämpfe hinter dir, deine Aufgaben, deine Stolpersteine.
Wir sind gewachsen. Haben uns weiterentwickelt.
Sind angekommen – jeder auf seine Weise – und haben alte Muster hinter uns gelassen.

Und auch wenn ich nichts an unserer gemeinsamen Reise ändern würde,
weil sie uns genau hierher geführt hat, ertappe ich mich manchmal bei der Frage,
wie es gewesen wäre, so eine Art Vater zu haben statt meinem eigentlichen.

Ob ich mir ein paar Kratzer erspart hätte.
Ob ich anders geworden wäre.

Würde ich trotzdem schreiben?
Zeichnen?
Wäre mein Karriereweg ein anderer?
Mein Liebesleben?
Mein Freundeskreis größer?

Wäre ich überhaupt ich geworden – oder jemand ganz anderes?

Doch so sehr diese Gedankenspiele auch faszinieren,
kann ich heute zurückblicken, ohne der Realität nachzutrauern.
Und ich bin dankbar dafür, dich genau so kennengelernt zu haben, wie es wirklich passiert ist.

Denn auch ohne Perfektion durfte ich in deiner Nähe einfach ich sein.
Ich musste mich nicht erklären, nicht anpassen, nicht weniger oder mehr sein, als ich war.
Auch wenn du mich oft nicht ganz verstanden hast – du musstest es auch nicht.
Du hast mich einfach angenommen.

Und vor allem bin ich dankbar dafür,
dass du einer der wenigen Menschen warst, die meiner Mama treu geblieben sind.
In jeder Hinsicht.

Dass du sie unterstützt hast. Gestärkt. Geliebt.
Dass du ihr nach all den dunklen Jahren wieder Raum gegeben hast,
Partnerin zu sein. Mensch zu sein. Glücklich.

Du hast uns beide ein Stück weit gerettet,
ohne jemals etwas dafür zurückzuverlangen.

Und genau das ist vielleicht mehr,
als eine Rolle jemals hätte sein können.

Und auch wenn wir vielleicht nicht näher kommen, als wir es gerade sind,
bleibst du in meinem Kopf dem Bild eines Vaters näher als mein eigentlicher es je war.

Auch wenn wir nicht viel Kontakt haben und uns – wenn wir ehrlich sind –
„nur“ meine Mama verbindet und immer wieder zueinander bringt,
trage ich dieses warme, wohlig ruhige Gefühl in mir.

Eine Dankbarkeit dafür, dass du das Bild des Vaters, des Mannes in mir, ein kleines Stück repariert hast.
Unbewusst. Ganz leise. Nebenbei.

Und vielleicht ist genau das mehr, als ich je erwartet hätte.

Zwischen Lebensmitteleinkauf und Massenkarambolage

Wenn der Alltag kein Ausnahmezustand mehr ist

Ein Jahr älter.
Ein neues Kapitel.
Und plötzlich ganz neue Dinge, die ich lernen, verlernen – und neu lernen darf.

Mit jedem neuen Lebensjahr kommen nicht nur Kerzen auf dem Kuchen dazu, sondern auch Erkenntnisse. Manche leise, manche unbequem, manche heilsam. Und weil Teilen verbindet, teile ich diese Gedanken heute mit euch. Vielleicht findet die eine oder der andere darin einen kleinen Gedankenanstoß – etwas zum Mitnehmen, Ablegen, Überdenken oder sanft Nachjustieren.

Für mich ganz besonders wichtig – und etwas, das ich in Zukunft wirklich bewusst und regelmäßig trainieren möchte – ist es, mein Nerven- und Stresssystem neu aufzusetzen. Es umzuprogrammieren. Neu einzustellen.

Ich befinde mich nicht mehr im Überlebensmodus.
Ich darf meine Kampf-oder-Flucht-Reaktion wieder dorthin zurückstellen, wo sie hingehört: in den Notfall. Nicht mehr dauerhaft aktiv, nicht mehr ständig auf der Hut.

Ich darf lernen, tief durchzuatmen, statt mich sofort zu stressen.
Ich darf mir Zeit lassen, statt mich selbst unter Druck zu setzen.

Ich bin die Autorin meines eigenen Lebens.
Und ich halte den Stift nun selbst in der Hand.

Termine dürfen wieder Normalität sein – kein Ausnahmezustand mehr.
Und ich darf sie mir selbst einteilen. Wann. Wo. Und so, wie es für mich tragbar ist.

Auch Verabredungen, Treffen oder andere Pläne sind kein
„Ich nehme mir vorsorglich den ganzen Tag Zeit, denn was wäre, wenn …“
mehr.

Sie dürfen Struktur haben. Grobe Pläne. Einen Rahmen.
Und auch diesen darf ich frei wählen – so, wie es sich für mein Gemüt am stimmigsten anfühlt.

Ganz langsam darf wieder mehr in einen Tag passen. Mehr als eine Sache.
Ohne daran zu verzweifeln.
Ohne danach zwei volle Ruhetage zu brauchen.

Für viele klingt das vielleicht nach nichts Großem.
Nach ganz normalen Alltagsdingen.

Für mich jedoch sind das Schritte, an die ich vor ein paar Jahren noch nicht einmal denken konnte.

Ich bin nun endlich an einem Punkt, an dem ich meine Schutzmechanismen – und die daraus entstandenen Vorsichtsstrategien und Verhaltensmuster – Stück für Stück ablegen darf. Nicht wegwerfen. Sondern verstauen. Denn sie waren nicht nur schlecht. Sie haben mich geschützt.

Aber jetzt ist es an der Zeit, wieder zu unterscheiden.
Zwischen einem Lebensmitteleinkauf und einer Massenkarambolage.
Zwischen einem Arzttermin und einer Verfolgungsjagd.
Zwischen einem Treffen mit Freund:innen und einer Marionettenshow.

Und vielleicht ist genau das Erwachsenwerden für mich:
Nicht härter zu werden – sondern feiner.
Nicht wachsamer – sondern vertrauensvoller.
Nicht ständig bereit zu fliehen –
sondern endlich bereit, anzukommen.

🎂 Ein Tag wie jeder andere, und doch ein Schritt näher zu mir

Jetzt, wo der Tag schön langsam aber sicher wieder näher rückt, möchte ich noch einmal ein Kapitel aus meiner Kindheit festhalten. Dinge, die mich bis heute prägen – Erfahrungen, die laut in mir nachhallen und mich jedes Jahr aufs Neue besuchen, um zu prüfen, ob die alten Wunden inzwischen verheilt sind.

Geburtstage.
Eigentlich ja ein Tag wie jeder andere – so lautet zumindest meine Standardantwort. „Ich mag meinen Geburtstag nicht“, sage ich jedes Jahr wieder, beinahe schon automatisch. Ich versuche stets, diesen Tag so anonym wie möglich zu halten: unbemerkt, versteckt, leise. Vielleicht, denke ich mir, kann ich mich einfach still und heimlich durchschlängeln, ohne dass jemand etwas merkt.

Dieses Jahr möchte ich ehrlich sein. Zu mir – und zu allen anderen. Endlich aussprechen, was seit Jahren in mir schlummert. Das Versteckspiel mit mir selbst beenden.

Denn eigentlich hasse ich meinen Geburtstag gar nicht.
Eigentlich finde ich Geburtstage sogar schön.

Ich habe mich immer auf die Geburtstage meiner Liebsten gefreut. Eine meiner Liebessprachen ist es, Geschenke zu machen. Ich liebe es, die Menschen zu feiern, die ich liebe. Ihnen eine Freude zu bereiten. Ihnen einen schönen Tag zu schenken. Ich backe gerne, bastle gerne, schenke von Herzen.

Nur meinen eigenen Geburtstag finde ich nie schön. Immer dasselbe mulmige Gefühl im Magen, dieser schwere Klotz auf meinem Herzen und der Reflex, mich zu verstecken. Ich kann Geschenke genauso schwer annehmen wie Komplimente, und ich möchte eigentlich nie der Mittelpunkt eines Tages sein. Die Aufmerksamkeit darf gern bei den anderen bleiben – das Gefühl, gefeiert zu werden, ist mir schlicht fremd.

Jedes Jahr bin ich wieder das kleine Mädchen, das zum ersten Mal eine „Party“ mit seinen Freunden feiern wollte.
Ich habe eifrig alle aus meiner Volksschulklasse eingeladen, keiner durfte fehlen. Die Einladungen habe ich mit voller Vorfreude gebastelt – ich wollte, dass wir gemeinsam feiern, spielen, lachen. Meine Mama und ich haben Tage davor schon geplant. Ich war so aufgeregt, so gespannt auf meine erste richtige Party.

Und dann kam der Tag.
Ich war schon munter, bevor Mama mich überhaupt weckte. Wir bereiteten alles vor: Essen, Tische und Stühle im Garten, Dekoration, die Torte – alles war bereit. Es fehlten nur noch die Gäste.

Ich erinnere mich genau, wie mein Bauch beim Warten immer schwerer wurde. Ob sich alle einfach verspäten? Ob sie unser Haus nicht finden? Für diesen Fall hatten wir extra bunte Ballons an den Straßenlaternen befestigt. Vielleicht haben sie die Uhrzeit verwechselt. Vielleicht den Tag. Die Zeit verging. Und verging.
Aber niemand kam.

Und obwohl ich damals noch so klein war, erinnere ich mich bis heute an den Blick meiner Mama – wie ein kleines Stück ihres Herzens mit meinem zerbrach.

Ich wollte mir einreden, dass es zumindest jemanden geben muss, der wirklich mein Freund ist. Dass die anderen nur gemein sind, weil sie „lustig“ sein wollen. Doch in diesem Moment habe ich zum ersten Mal wirklich gespürt, dass mich niemand als Freundin sah. Dass es niemanden gab, der es feiern wollte, dass ich hier bin.

Wir saßen noch lange da. Still, wartend – als würde jede Bewegung alles endgültig zerbrechen lassen. Ich schämte mich so sehr, konnte Mama kaum ansehen, weil ich so falsch gelegen war mit allem. Ich dachte wirklich, wenigstens einer würde kommen. Und ehrlich gesagt: Das hätte mir gereicht. Ein kleines Zeichen. Ein Funken Hoffnung, dass ich vielleicht doch nicht das stille, unscheinbare Mädchen bin, das keiner mag.

Irgendwann stand Mama auf und holte Oma und Opa aus dem Haus – eine Art Fallschirm für meine Gefühle. Auch die Hunde durften endlich raus. Es war klar: Niemand würde kommen.

Und von diesem Tag an fand ich meinen Geburtstag nie wieder toll. Nie wieder einen Grund zu feiern.

So jung schon das Gefühl zu bekommen, dass es niemanden interessiert, ob man da ist. Niemanden, der mit einem feiern will. Niemanden, der freiwillig Zeit mit einem verbringt. Immer eine gute Freundin sein wollen – und dann merken, dass niemand ein Freund für dich sein will.
Niemand entscheidet sich für dich, wenn er die Wahl hat.

Diese Erkenntnis hat mich geprägt. Und dieser Schatten hängt bis heute über mir.

Es war das erste und letzte Mal, dass ich meinen Geburtstag feiern wollte. Dass ich mir Aufmerksamkeit wünschte. Danach wollte ich nur noch, dass der Tag schnell vergeht. Trotz all der Mühe meiner Mama jedes Jahr, ihrer Zuversicht, ihren Worten: „Ein bisschen feiern muss man doch.“ Sie wollte den letzten Funken Hoffnung nie loslassen, dass ich irgendwann wieder einen schönen Geburtstag erleben würde.

Aber nach dieser Erfahrung war es nie wieder schön für mich.

Über die Jahre merkte ich vor allem an meinem Geburtstag, wie einsam ich eigentlich bin. Immer Menschen um mich – und doch am eigenen Tag allein. Keiner, der sich Zeit nimmt, mir eine Freude zu machen, mir zu zeigen, dass er an mich denkt. Immer diejenige, die alle anderen feiert. Und nie diejenige, die gefeiert wird.

Jahr für Jahr ein Stück einsamer. Und trotzdem irgendwo ein kleiner Funke Hoffnung, dass nächstes Jahr alles anders sein könnte.

Dann kam der Geburtstag in dem Jahr, als ich mich endlich von meinem schlechten Umfeld löste, mich aus meinen Traumata befreite, endlich Richtung Heilung ging – und es wurde der einsamste Geburtstag von allen. Er brachte mich direkt zurück in die Volksschulzeit. Vielleicht fünf Gratulationen. Mehr nicht. Und selbst das tut heute noch weh, so ehrlich darüber zu schreiben.

Man sagt, es kommt nicht auf die Menge an, sondern auf die Qualität. Und das stimmt.
Aber hier geht es nicht um „Menge“.
Es geht darum, wie allein ein Mensch sein kann.

Diejenige, die immer auf andere schaut, sich selbstlos kümmert, gute Laune verbreitet, ein offenes Ohr hat, ein gutes Herz – egal wie gebrochen sie ist. Und trotzdem allein bleibt. Übersehen. Vergessen.
Nicht bedacht.

Ich glaube, die wenigsten verstehen, wie sehr das einen Menschen brechen kann. Wie schwer das Jahr für Jahr zu tragen ist.

Und trotzdem lasse ich mir nichts anmerken. Bleibe positiv. Puste die Kerzen alleine aus – in meinem Fall zumindest nie ganz allein, immer mit meiner Mama an meiner Seite. Dafür bin ich jedes Jahr dankbar.
Ein Geschenk, das bleibt. Das schönste Geschenk für mich.

Und doch zeige ich nie, dass ich Angst habe. Angst, wieder enttäuscht zu werden. Wieder verletzt. Wieder allein gelassen. Ich hebe meine Hoffnungen nicht mehr hoch, weil ich weiß, wie tief der Fall sein kann.

Jetzt ist die Katze aus dem Sack.
Der „böse Geist“ der Vergangenheit ein Stück weit gelüftet.
Ein kleines bisschen Freiheit für meine inneren Gespenster.
Ein wenig Leichtigkeit für mich.

Einatmen. Ausatmen. Weitergehen.

Und so bleibe ich dabei: Ein Tag wie jeder andere.
Ich versuche nur, Jahr für Jahr, nicht mehr mit Abneigung, Furcht und diesem schweren Gefühl im Magen auf ihn zu schauen.

Vielleicht wird es nie mein Lieblingstag. Vielleicht bleibt immer ein Schatten.
Aber Jahr für Jahr stelle ich eine Kerze mehr auf den Kuchen.
Nicht, um gefeiert zu werden – sondern um mich ein Stück mehr zu feiern.
Leise. Für mich.
Und vielleicht brennt diese kleine Flamme jedes Jahr ein bisschen heller in Richtung Glück.

Das Leben geht weiter – auch nach diesem Tag.

🌼 Der Frieden, der nicht von dir kam

Zeilen aus meinem Danach

Mittlerweile sind Jahre vergangen, und dennoch fühlt es sich manchmal an, als wäre es gestern gewesen. Manchmal frage ich mich, warum manche Erinnerungen so hartnäckig bleiben – als hätten sie sich in die Knochen eingebrannt. Für dich allerdings steht das Buch noch immer weit offen.
Ob du jemals wirklich abschließen kannst? Ich bezweifel es inzwischen stark.
Und manchmal tut es mir leise leid, still und ohne Vorwurf.

Egal wie viel Zeit vergeht und wie sehr du dir selbst einredest, dich verändert zu haben, wie sehr du mir den Glauben aufdrängen möchtest, du seist nun ein anderer Mensch:
Für mich wirst du immer der bleiben, der du damals warst.

Ich werde dich nicht mehr mit warmen Augen ansehen können, und Vertrauen wird es zwischen uns nie mehr geben. Du hattest deine Chance – eigentlich hattest du viele davon. Eine nach der anderen habe ich dir gegeben, ohne Bedingungen, ohne Grenzen. Immer wieder.
Und nie hast du sie genutzt, nie gezeigt, dass du sie wert warst.

Ich wünsche dir wirklich nichts Schlechtes. Ich möchte nicht, dass du leidest. Ich hasse dich nicht – nicht einmal im Ansatz. Es ist ein stilles Nichtgefühl. Und irgendwann auf dem Weg meiner eigenen Heilung habe ich dir vergeben. Leise. Mit ehrlichem Herzen. Für all die Jahre, die Schmerzen, die Albträume.

Doch zurück in mein Leben wirst du niemals finden. Da ist kein Platz mehr – nicht mal ein Winkel. Und es ist das erste Mal in meinem Leben, dass mich dieser Gedanke nicht traurig macht. Ich vermisse dich nicht. Ich bin nicht enttäuscht, dass du nicht mehr da bist. Ich möchte dich einfach nie wiedersehen.
Eine ruhige Entscheidung.

Ich hoffe nur, dass du irgendwann ehrlich zu dir selbst sein kannst. Dass du erkennst, wie verletzend du zu mir warst, wie wenig echte Gefühle zwischen uns existierten. Und wenn dieser Moment kommt, wünsche ich dir trotzdem, dass du nicht darin verharrst. Nicht jahrelang mit Schuld kämpfst. Sondern dass du loslässt – mich, uns, alles. Dass du auch dir selbst verzeihen kannst.

Du hast mich nicht nur gebrochen – du hast mich aus mir selbst gerissen. Immer wieder. Und doch konntest du es nicht ertragen, dass mein Herz nicht ganz zerbrach. Dass ich trotz allem gut blieb.
Du wolltest mich nicht halten, aber du konntest mich auch nicht freigeben.

Ich wollte nur das Gute in dir sehen. Wollte Hoffnung finden, irgendein kleines Zeichen. Und du hast dich an meiner Gutmütigkeit festgehalten, an meinem Vertrauen, meiner Liebe, meiner Freundschaft.
Weil du wusstest, dass ich nicht gehe. Und ich blieb.

Ein Spiel, das sich unendlich anfühlte.
Ein leiser Kampf im Hintergrund meines Lebens.

Wenn ich heute zurückblicke, sehe ich Muster, die ich damals nicht erkennen konnte. Du erinnerst mich an jemanden. Vielleicht schon damals. An den einen Menschen aus meinem Leben, der dir so ähnlich ist wie kein Anderer: meinen Vater.

Und wie bei ihm sehe ich heute klarer, was hinter deiner Fassade lag. Nicht der Wolf, für den du dich hieltest, sondern ein unsicherer Junge, der sich selbst am meisten fürchtete, der sich selbst am meisten hasste. Und wie meine Mutter wollte ich dich retten. Wollte dir mit all meiner Kraft helfen.
So sehr, dass ich mich selbst verlor.

Doch irgendwann wachte ich auf. Früher als gedacht. Ich riss mich aus den Ketten – und ja, es tat weh. Wunden, die Zeit brauchten. Aber ich habe den Absprung geschafft.

Ich musste erkennen, wer du wirklich bist. Musste mich befreien.
Ich musste sehen, dass du nicht der Mensch bist, der du vorgibst zu sein. Deine Fassade flackerte,
und das, was dahinter auftauchte, war nur ein Schatten – weit entfernt von Wahrheit.
Und auch das war erst der Anfang.

Heute gibt es Schatten von damals. Ich heile noch – vielleicht noch lange. Aber ich bin hier. Und ich habe dich überlebt. Ein Teil von mir ist zurückgeblieben, hat mir die Tür zu meinem neuen Leben aufgehalten. Ein anderer ist gestorben, damit ich neu entstehen konnte.

Albträume, Panik, die Angst vor Nähe – all das begleitet mich manchmal noch. Und ja… ich habe überlebt, aber nicht ohne einen Preis.
Noch immer zucke ich zusammen, wenn jemand laut wird, wenn Bewegungen zu schnell sind, wenn Gesten in meiner Nähe zu abrupt passieren. Mein Körper schreitet wie von selbst einen Schritt zurück, bevor ich überhaupt darüber nachdenke. Nähe fühlt sich oft fremd an; sie lässt mein Herz stolpern, und irgendwo tief in mir steigt dann diese leise Panik hoch, die ich so gut kenne.

Manchmal fällt mir selbst das Atmen schwer, in Momenten, in denen ich es am wenigsten erwarte – wie eine Erinnerung, die aus dem Nichts an mir hochzieht.
Als hättest du damals eine Klingel in mir hinterlassen, ein Signal, das sich festgebissen hat, weil du mich nie loslassen konntest… und es irgendwo in dir vielleicht immer noch nicht kannst.

Und doch wächst in mir jeden Tag etwas Neues. Etwas Leises, Warmes. Etwas, das nicht von dir stammt.
Ich werde vielleicht nie vollständig heilen – und auch das ist okay.

Ich wünsche dir nicht die Dunkelheit, die ich erlebt habe.
In mir ist kein Zorn, nicht einmal ein bitterer Nachgeschmack.
Nicht, weil du mir noch etwas bedeutest – sondern genau, weil du es nicht mehr tust.

Du bist mir egal geworden.
Ein seltenes Gefühl in meinem Leben. Ein leises Wunder.

Manchmal kann ich es selbst kaum glauben. Und doch bin ich stolz auf mich.
Auf die Frau, die ich geworden bin. Auf den Weg, den ich überlebt habe.

Und obwohl ich die Ines von damals zurücklassen musste, denke ich oft still an sie.
Ich wünschte, sie könnte sehen, wie weit wir gekommen sind. Dass unser Leben weitergegangen ist.
Dass wir unser Licht wiedergefunden haben, und dass es heute heller strahlt als alles,
was uns jemals verdunkelt hat.

Danke an mich selbst, dass ich nicht aufgegeben habe.
Und danke an dich – denn ohne dich hätte ich nie erfahren, wie stark ich wirklich bin.

Auf nie mehr Wiedersehen.
Nicht in diesem, und nicht im nächsten Leben.

🐾Ein Brief ans Leben (und an meinen Seelenhund)

Zwischen Pfoten und Herzschlägen – was Luke mich über Liebe gelehrt hat.
Ein Text über Mut, Verlustangst, Vertrauen –
und die unerschütterliche Liebe, die bleibt, wenn alles andere vergeht.

Ich sag immer, wie gern ich allein bin, wie sehr ich das genieße und dass es mir nichts ausmacht.
Doch dann sitz ich am Abend auf meinem Wohnzimmerboden, sehe Luke vor mir – und plötzlich trifft es mich mit voller Wucht.

Worüber ich nie spreche, wovor ich mich fast drücke, weil ich glaube, dieses Kapitel einfach überspringen zu können – als käme es niemals:
Eine meiner allergrößten Ängste ist es, nach Hause zu kommen und Luke ist nicht mehr da.
Ist es dann überhaupt noch Zuhause?
Wie könnte es das sein – ohne ihn?

Es fühlt sich so unfassbar unrealistisch und unfair an, mein Leben ohne ihn weiterleben zu müssen.
Manchmal spüre ich, wie mein Herz jetzt schon Tag für Tag ein kleines Stück bricht.

Und trotzdem – ich würde diesen Schmerz, dieses Vermissen, wieder und wieder auf mich nehmen,
wenn es bedeutet, ihn noch einmal an meiner Seite zu haben.
Ein Leben lang vermissen – für ein Leben voller Liebe mit ihm.

Ich glaube, für viele ist so eine Verbindung nicht greifbar.
Solche Emotionen können manche gar nicht nachvollziehen –
wie schade das ist.
Was für ein stiller Verlust, niemals so tief zu fühlen.
Nie zu begreifen, was es heißt, wenn Liebe keine Worte braucht,
weil sie einfach ist.
Sie schenkt mir jeden Tag, egal wie lang oder schwer er ist, aufs Neue den Mut, weiterzumachen –
zu leben.

Kein Haustier.
Nicht nur ein Familienmitglied oder bester Freund.
Sondern ein Teil von mir,
ein Stück meines Herzens, das ich immer mit mir trage – egal was passiert.

Und trotzdem erwische ich mich immer wieder bei dem Gedanken:
Mach ich eigentlich genug?
Bin ich gut genug für so ein treues, reines Wesen?
Schenke ich ihm auch nur annähernd genug Liebe, um ihm zu danken –
danken dafür, dass er in mein Leben gefunden hat und mich seitdem nie mehr allein lässt.

Nie wirklich allein zu sein.
Immer einen Fels in der Brandung zu haben.
Jemanden, der mich seit Tag eins genauso nimmt und akzeptiert, wie ich bin –
der mich nicht ändern würde, sondern mich inspiriert, besser zu werden,
mehr zu sein als einfach nur lebendig.

Ich bin ja immer schon mit Hunden aufgewachsen –
diese wunderbaren Beschützer waren immer um mich.
Aber du, Luke… du bist alles – und so viel mehr als ich je kannte.
Mein erster eigener Hund,
und mein größter Herzschmerz des Lebens.

Ich habe mein Leben lang nach einem einzigen wahren Freund gesucht,
nach einer Seele, die bleibt – und dann kamst du.
Mein Therapiehund ohne Ausbildung,
weil du mich vom ersten Tag an gespürt und verstanden hast –
ohne zu verurteilen.

Mein sensibler, feinfühliger Weggefährte,
stark wie ein Sturm und sanft wie der Wind.
Der soziale Schmetterling von uns beiden –
denn mit dir hörte meine toxische Selbstisolation auf.
Kein Verstecken mehr. Kein Rückzug in die Stille.

Du bist mein Lernprozess in so vielen Farben und Formen.
Wir sind miteinander gewachsen – und das hat uns stärker gemacht.
Alles, was ich noch nicht war, hast du aus mir hervorgeholt.
Du hast mich wieder erinnert,
wie schön es ist, aufzufallen, anders zu sein –
einfach der Nase nach durchs Leben zu tanzen,
die Luft zu atmen, die Augen zu öffnen und zu sehen,
wie unfassbar schön das Leben eigentlich ist.

Und obwohl die Angst, irgendwann wirklich allein zu sein, tief in mir sitzt,
ist das schlechte Gewissen im Voraus schon zu groß,
auch nur daran zu denken, unsere Familie zu erweitern.
So sehr ich mir wünsche, noch eine wunderbare Seele in unseren Kreis zu holen –
nicht, um zu ersetzen,
sondern um zu lieben –
so schwer fällt mir allein der Gedanke.
Weil ich niemals möchte, dass Luke sich ausgetauscht fühlt,
als würde ein Platz in meinem Herzen neu besetzt,
der doch längst vergeben ist.

Denn wenn ich könnte, würden wir überall gemeinsam hingehen.
Ich bin nur ich – mit ihm gemeinsam.
Und jeder, der mich kennt, kennt auch ihn.

Und egal, wie groß die Angst ist und wie untragbar der Schmerz –
ich würde mich immer wieder für dich entscheiden.
Ich würde dich immer wieder finden.
Mein Leben mit dir teilen –
auch wenn ich dich am Ende ein Leben lang vermissen muss.

Aber noch ist das keine Trauerrede.
Noch lange nicht.

Unser Weg gemeinsam ist gerade erst ins Rollen gekommen –
wir sind mittendrin in unserem Abenteuer.
Auf ganz viele weitere Tage, Monate und Jahre zusammen.
Auf das, was noch kommt, und was uns noch erwartet.
Auf neue Jahreszeiten, auf leuchtende Erinnerungen,
auf bedingungslose Liebe und unzählige Kuscheleinheiten.

Danke dir – für das, was war,
für das, was ist,
und für alles, was noch kommen wird.

Lass uns nie aufhören,
gemeinsam auch die kleinsten Kleinigkeiten groß zu machen –
und zu feiern.

Ich wünsche jedem so einen Seelenhund.
Wie viel schöner die Welt doch wäre,
und wie viel glücklicher die Menschen,
wenn wir alle so lieben würden. 🐾

Ein Brief, der zu spät kam – und doch genau richtig.

In Erinnerung an euch

Neulich habe ich gesagt, wie gut ich mich heute wohl mit euch beiden verstehen würde.
Und dieser Gedanke hat mich nicht mehr losgelassen.

Denn irgendwie hatte ich nie die Chance, wirklich Enkelin zu sein – zumindest nicht so, wie man sich das vorstellt. Oder wie ich es von anderen erzählt bekomme.

Die kurze Zeit, die ich mit euch verbringen durfte, habe ich erst viel später wirklich zu schätzen gelernt.
Heute frage ich mich oft, was ihr eigentlich von mir dachtet. Habt ihr mich gemocht?
Ich mochte euch jedenfalls sehr – und denke oft an euch zurück.

An Omas komplett versalzene, fettige Sonntagsnudelsuppe, die sie selbst nie aß.
An den Menthol-Kaugummi, der mich bis heute an Opa erinnert.
An seine alte, halb kaputte Tasse, die er überallhin mitnahm – als gehörte sie einfach zu ihm.

Ich denke daran, wie Opa mir Schach beibrachte.
Wie er mich nie gewinnen ließ – aber so tat, als wäre es knapp.
Das Schachbrett lag immer am selben Ort. Ein Ort, den ich allein gar nicht erreichen konnte.

Oder an die Nachmittage mit Oma, wenn wir zeichneten.
Ihre feinen Skizzen, die sie beiseiteschob, um meine immer gleiche Zeichnung mit dem kleinen Haus und der Sonne in der Ecke zu loben, während ich heimlich ihre Zeichnung bewunderte.

Wir haben nie viel miteinander geredet – vielleicht, weil Worte zwischen uns gar nicht nötig waren.
Ihr habt mich immer schon mehr als Erwachsene gesehen, anstatt als Kind.
Und ich sah euch als kleine Ruhepause im ersten Stock des gebrochenen Hauses – einen Ort, an den ich fliehen konnte, wenn unten alles zu laut war.

Taten haben zwischen uns immer lauter gesprochen als Worte.
Und im Nachhinein bin ich dankbar für genau das.
Ich wusste schon damals, dass ihr genau wusstet, was unten im Erdgeschoss geschah – und dass ihr nichts dagegen tun konntet.

Trotzdem war ich euch nie böse.
Nicht damals, und auch heute nicht.
Wir waren alle auf unsere Weise gefangen in diesem Haus – einem Ort, an dem keiner von uns wirklich sein wollte.
Vielleicht war es genau das, was uns verbunden hat.

Noch ein Grund, warum ich niemals bereuen könnte, genau diesen Mann als Vater zu haben:
Mit ihm kamt auch ihr – meine Großeltern, die mich in so kurzer Zeit so tief geprägt haben.

Ich habe mich nie richtig von euch verabschiedet.
Nie wirklich getrauert oder geweint.
Einen Tag wart ihr noch da – und plötzlich nicht mehr.
Ich wusste immer: Wenn einer von euch geht, dauert es nicht lange, bis der andere folgt.

Als ihr beide weg wart, war das ein stiller Weckruf.
Ein Zeichen, dass es auch für mich Zeit war zu gehen –
weg von dem Haus, von dem Mann, von all dem, was mich festhielt.
Ich zog meine Schuhe an und ging los – Richtung Leben. Richtung Freiheit.

Früher hatte ich Schuldgefühle, weil ich so schnell „abgeschlossen“ hatte.
Aber heute weiß ich, dass dieser stille Abschied lauter war, als ich es damals verstand.

Heute denke ich gerne an euch.
Ich schaue oft zum Himmel und rede, als würdet ihr mir gegenübersitzen – und erzähle euch von meinen neuesten Ideen, Hobbys, kleinen Erfolgen.

Wenn ich meine Suppe mal versalze, muss ich lächeln – weil ich Oma in solchen Momenten spüre.
Beim Holzschnitzen oder Basteln sehe ich Opa über meine Schulter schauen.

Wenn ich heute mit euch einen Kaffee trinken könnte, würde ich einfach die gemeinsame Zeit genießen.
Ohne große Worte.
Ich würde meine Zeichnungen mitbringen, die von Omas Liebe zum Detail inspiriert sind, und mein eigenes Schachbrett, das ich ohne Opa nie gefunden hätte.

Ich würde euch sagen, dass ich jetzt wirklich glücklich bin.
Dass ich Frieden gefunden habe.
Dass ich meine „Ausruh-Phasen“ heute bei mir selbst finde – und dass Mama und ich es endlich rausgeschafft haben.

Ich kann mich nicht erinnern, Opa jemals umarmt zu haben.
Also würde ich das nachholen, bevor ihr wieder gehen müsstet.
Und ich würde fragen, ob ihr unsere Hunde wiedergefunden habt – und ob ihr sie bitte einmal für mich drücken könnt.

Und wenn ich irgendwann wieder hoffnungslos verzweifle, schaue ich nach oben – mit dem Wissen, dass ihr immer da seid.
Egal, wo ich gerade bin.

Ihr habt mir beigebracht, wie schnell Momente vergehen – und wie wertvoll sie sind.

Oma, Opa – ihr hättet die erwachsene Ines gemocht.
Und genau das macht mich stolz.

Danke, dass ich eure Enkelin sein durfte.
Danke, dass ich bei euch einfach ich sein konnte.
Auch wenn unsere gemeinsame Zeit kurz war – ich trage euch für immer in mir.

Sonntagspost: Ein Abschied mit Pfotenabdruck im Herzen

Die Sonntagsposts möchte ich mir wirklich beibehalten.
Sonntag ist einfach ein guter Tag zum Reflektieren, Manifestieren und Planen – während man die Woche langsam ausklingen lässt und sich, im besten Fall, einen ruhigen, entspannten Tag gönnt. Muss auch mal sein.

Diese Woche hat mich emotional ganz schön durchgewirbelt.
Manch einer würde sagen: Selbst schuld – ich musste es ja in den letzten Posts gleich mehrfach „verschreien“, wie gut es mir zurzeit geht.

Diese Woche habe ich mich von einem Familienmitglied verabschieden müssen.
(Achtung – für manche mag das Folgende übertrieben oder seltsam wirken, weil es ja „nur“ ein Tier war. Aber für mich war es so viel mehr.)

Unser Familienhund – Wegbegleiter, Seelenfreund, stiller Held – hat sich nach 15 gemeinsamen Jahren auf den Weg über die Regenbogenbrücke gemacht.
Ins Hunde-Afterlife-Paradies, dorthin, wo alle guten Seelen irgendwann hingehen.
Und bis jetzt ist es für mich noch kaum greifbar.

Seit ich auf dieser Welt bin, kenne ich mein Leben nicht anders als mit vierbeinigen Gefährten an meiner Seite – in allen Größen, Farben und Persönlichkeiten.
Ehrlich gesagt kann – und will – ich mir mein Leben gar nicht ohne irgendeine Fellnase vorstellen.

Als ich damals, als Dorfkind mit Wiesenherz, in eine völlig andere Welt geworfen wurde – mitten hinein ins Stadtleben – war Timmy mein erster und einziger Freund.
Meine Eltern ließen sich scheiden, und ich ging als Einzige mit Mama mit.
Von heute auf morgen war ich plötzlich groß – als kleines Mädchen in einer völlig neuen Umgebung, mit fremden Menschen.
Und ohne meine tierischen Gefährten von früher, die wir zurücklassen mussten.

Für lange Zeit gab es also nur Timmy und mich.
(Und natürlich Mama – die sich mit ganzer Kraft von Job zu Job kämpfte, um uns über Wasser zu halten.)

Doch statt das Ganze als traurig oder schicksalsschwer zu betrachten, habe ich – wie so oft – meine Perspektive gedreht:
Ein neues Abenteuer begann. Mit Timmy an meiner Seite.

Ob beim ersten selbstgekochten Essen, beim Putzchaos, bei den Schulproblemen oder der ständigen Anpassung an das laute, unbekannte Stadtleben – Timmy war immer da.
Ein kleiner Schatten, der mich begleitete.
Ein aufmerksamer Zuhörer, der meine Gedanken kannte, bevor ich sie ausgesprochen hatte.
Meine inneren Kriege, meine Ängste und Sorgen – Dinge, die ich niemandem aufbürden wollte – waren unser gut gehütetes Geheimnis. Nur er und ich.

Auch in den dunkelsten Zeiten hat mich dieser kleine Pelzfreund nie verlassen.
Er hat mich nie bewertet, nie verurteilt – und mich mit seiner bloßen Nähe oft wieder aufgebaut, wenn ich kaum noch konnte.

Und auch dann, als ich irgendwann meinen eigenen Weg ging, meinen Platz im Leben fand und mein Seelenhund Luke an meiner Seite auftauchte – war Timmy noch da.
Auch wenn zwischen den beiden Vierbeinern eine Art Hassliebe herrschte, spüre ich heute, dass auch Luke einen Teil seiner Familie verloren hat.
Den mürrischen Opa, den er sich nicht ausgesucht hat – aber den er gebraucht hat, um zu dem Beschützer zu werden, der er heute ist.
Ein Lehrer, ein Gegenüber, ein stiller Mentor.
Sie hätten es nie zugegeben – doch Mama und ich wussten es immer: Die zwei waren ein Team. Eine vom Universum zusammengestellte Familie.

Mit den Jahren wurde Timmy ruhiger.
Er merkte wohl, dass er nun auch einfach sein durfte.
Hund sein, loslassen, atmen.
Dass jemand anderes da war, der mit auf uns aufpasste – und dass er sich ein Stück weit zurücklehnen durfte.

Warum gerade die liebevollsten und gutherzigsten Seelen oft nur so wenig Zeit auf dieser Welt verbringen dürfen, werde ich nie begreifen.
Zeit war schon immer ein Thema, das mich tief beschäftigt – und oft auch verunsichert.

Dass Timmy nun nicht mehr da ist, fühlt sich für mich so fern, so unwirklich an – weil ich wirklich geglaubt habe, er überlebt uns alle.
Ein kleines Alien mit dem Lebenswillen eines Löwen.
So oft dachte ich: Du schaffst alles, du bleibst einfach für immer.

Ich weiß noch, vor ein oder zwei Wochen, als Mama mir wieder erzählte, dass du mal wieder den Futterstreik ausgerufen hattest.
Wahrscheinlich wegen der Hitze. Oder einfach – wie so oft – eine deiner Eigenheiten.
Aber irgendetwas war anders.
Etwas in der Luft.
Etwas in mir.
Eine Vorahnung vielleicht.

Hätte ich dich noch einmal besuchen sollen?
Ich muss zugeben – ich habe dich mit der Zeit leider fast schon als selbstverständlich angesehen.
„Ach, Timmy hält sowieso ewig durch. Ich seh ihn beim nächsten Mama-Besuch ja wieder.“

Ich hätte dich einfach nochmal streicheln sollen –
auch wenn du als alter Herr vielleicht schon etwas mürrisch warst,
auch wenn du gern deine Ruhe hattest.
Ein letztes Mal dich in den Schoß nehmen.
Ein letztes Mal sagen: Danke, dass du da bist.

Ein kleines bisschen nagt das schlechte Gewissen.
Weil ich so oft Witze gemacht habe, gerade gegen Ende.
Weil ich geglaubt habe, du bleibst uns noch Jahre.
Weil du so oft wieder aufgestanden bist, wenn man es kaum noch für möglich hielt.
Du warst mein stiller Beweis:
Man muss nicht groß sein, nicht stark.
Ein Herz voller Wille reicht manchmal aus, um alles zu schaffen.

Ich bin dir so unendlich dankbar, dass du auch für Mama in den letzten Jahren der treue Begleiter warst, der du anfangs für mich warst.
Auch wenn es manchmal genervt hat – dein Schnarchen, dein Gemurre, dein Dickkopf – auf dich war immer Verlass.

Ich wünsche dir von ganzem Herzen, dass du jetzt frei bist.
Frei von Schmerzen.
Frei von Last.
Und dass du es dir dort oben gutgehen lässt – mit dem besten Käse, zartestem Hühnerfleisch, endlosen Leckerlis und einem sonnigen Lieblingsplatz.

Danke, dass du 15 Jahre lang Teil unserer Familie warst.
Ein weiteres Mal der Beweis: Familie ist so viel mehr als Blut und Abstammung.
Es sind die Herzen, für die man sich entscheidet.
Die Verbindungen, die bleiben, wenn alles andere zerbricht.

Mach dir keine Sorgen um Mama. Luke und ich passen auf sie auf. Für dich.

Danke, dass ich für immer deine Pfotenabdrücke im Herzen tragen darf.
Lass uns, wenn es irgendwo ein nächstes Leben gibt, wiederfinden.

Flieg hoch und leuchte hell, du kleiner Engel.
Und liebe Grüße an alle dort oben.

Sonntag, 8. Juni 2025 – Vatertag

Letztes Jahr habe ich einen kurzen Text auf Instagram veröffentlicht – eines der ersten Male, dass ich die Welt an meinen Gedanken teilhaben ließ. Dieses Jahr gebe ich euch einen Einblick hinter die Kulissen.

Ironischerweise dachte ich kurz daran, „meine schönste Kindheitserinnerung an oder mit meinem Vater“ mit euch zu teilen. Doch ich musste feststellen, dass es so etwas nicht einmal ansatzweise gibt. (Da war sogar ich eine Sekunde lang überrascht – geb ich ehrlich zu.)

Generell tue ich mir, ehrlich gesagt, schwer damit, schöne Erinnerungen aus meiner Kindheit oder Jugendzeit zu finden. Das Schönste an dieser Zeit – und generell in meinem Leben – ist meine Mama. Aber ein Text für diese tolle Frau ist heute nicht meine Intention.

Im ganzen Brainstorming, worüber ich heute schreiben könnte, bin ich gedanklich mehrmals im Kreis gelaufen. Bis ich beschloss, einfach eine Art Sneak Peek ins Leben von Ines zu teilen.
Ganz persönlich und ungefiltert. Eine erweiterte Vorstellungsrunde für alle,
die mich (noch) nicht so gut kennen.

Ich bin die Jüngste von drei Kindern – die „Nachzüglerin“, das „Küken“.
Die ungeplante und finale Erweiterung unserer Familie.
Meiner Meinung nach wurde einfach um dringende Unterstützung für meine Mama gebeten
– und hier war ich auch schon.
Die Jüngste, um die man sich nie Sorgen machen musste, weil schlichtweg keine Zeit dafür da war.
Der Buhmann für andere Familienmitglieder – ein Boxsack hat in unserer Familie wohl noch gefehlt.
Das altbekannte schwarze Schaf – immer anders, schon immer komisch, und immer allein.

Die Jüngste, die ehrlich gesagt nie Kind sein durfte – als wäre ich mit Führerschein und Personalausweis auf die Welt gekommen. Gerade erst hier, und schon erwachsen. Keine Zeit für kindische Träume.
Die Beschützerin meiner Mama – eine Rolle, in die ich mich freiwillig begeben habe.
Als wäre es das Natürlichste auf dieser Welt.
Und natrülich, der größte Feind meines Vaters – das verstand ich erst Jahre später.
Stimmig zum Vatertag, oder?

Mein Vater – der in mir etwas sah, das er zerstören wollte.
Oder vielleicht sah er auch einfach gar nichts mehr, zwischen all den Bierflaschen, wer weiß.
Mein Vater – der Mann, der mir zeigte, was ein richtiger Mann NICHT sein sollte.
Der Mann, der wie ein Schatten bleibt – auftaucht, wenn Panik in mir hochkriecht oder ich wieder einmal tiefer sinke als gedacht.
Der Mann, den ich vor mir sehe, wenn ich wütend bin – denn erst in diesen Momenten fühle ich mich wie dein Kind. Und in genau solchen Momenten hasse ich mich selbst am allermeisten.

Der Mann, der mir zeigte, dass „Nein“ nur ein Wort ist, das ignoriert wird.
Dass die eigene Meinung nicht zählt.
Dass es nie um Frauen ging – nur um Macht. Egal wie jung. Egal wie alt.
Dass Familie nur eine Fassade ist, die um jeden Preis aufrechterhalten werden muss.
Dass man seine Hände eher hebt, um zu verletzen, als um zu halten – vor allem bei den Menschen, die zu nah dran sind.

Mein Vater hat mir beigebracht, dass es nicht reicht, selbst zu fallen
– man muss andere mitziehen, um den eigenen Abgrund bewohnbar zu machen.
Dass Schmerz erst erträglich wird, wenn man ihn teilt – nicht durch Worte, sondern durch Wunden, die man anderen zufügt.
Aber: Die Schuld trägt man nie selbst.
Mein Vater hat mir gezeigt, dass man alles rechtfertigen kann – solange man sich selbst zum Opfer erklärt.
Man muss nur überzeugend lügen.
Geschickt manipulieren.
Dann kommt man durch – irgendwie.

„Es gibt nicht zu viele Probleme – nur zu wenig Alkohol“, würde er vermutlich sagen.
Er – der die Meinung vertritt, dass der lauteste Mann der stärkste und schlauste ist.

Und trotzdem … habe ich es auch heute nicht in mir, diesen Mann zu hassen.
Denn niemand hasst ihn mehr als er sich selbst. Und genau dieser Hass ist sein ewiger Fluch.

Und die größte Strafe für so einen Menschen?
Tag für Tag mit sich selbst leben zu müssen.

Und so, wie ich die Wut als Teil von mir angenommen habe – habe ich auch dich akzeptiert.
Denn ohne dich gäbe es mich nicht.
Und vielleicht wäre ich dann jemand ganz anderer geworden.
Wer weiß, ob ich heute dieselbe Stärke in mir trage.
Ob ich dieselbe Klarheit hätte.
Manchmal liegt Sinn nicht im Erlebten,
sondern im Überleben.

Im nächsten Leben wünsche ich dir Heilung.
Und mir – dass ich nie wieder Teil deiner Geschichte sein muss.

Alles Liebe zum Vatertag!

⏸️“Zu viel, zu laut, zu schnell – Warum unser Inneres manchmal die Pause-Taste drückt“

Zurzeit fühlt sich mein Leben an wie eine emotionale Achterbahnfahrt. Manchmal komme ich mir vor, als würde ich schlafwandeln – halb wach, halb weggetreten – und so hänge ich irgendwo dazwischen. Die Sprünge zwischen Höhen und Tiefen sind heftig und überrumpeln mich oft selbst.

Es passiert gerade viel: Träume und Ziele, die lange wie ferne Visionen wirkten, werden plötzlich greifbar. Dinge, die ich mir einst nur ausmalte und zu erreichen hoffte, verwandeln sich in reale Schritte, echte Entwicklungen. Und mit dieser Realität kommt das Chaos. Denn auf das, was passiert, wenn Wünsche langsam Wirklichkeit werden, kann man sich nicht wirklich vorbereiten. Die eigene Welt passt sich an, Stück für Stück, wenn man seine Träume beharrlich verfolgt.

Manchmal läuft eine Woche gut. Erfolge – egal wie klein – häufen sich. Man will sich festhalten an diesem Glück, traut sich aber kaum, zu sehr darauf zu bauen. Denn insgeheim weiß man: Es wird nicht immer so bleiben. Es kann nicht immer so bleiben.
Und dann kommen sie wieder, diese anderen Wochen. Zeiten, in denen sich alles anfühlt, als würde man einen Purzelbaum nach dem anderen schlagen. Zeiten, in denen einem das Leben eine gefühlte Faust in den Magen rammt.
Ich weiß: Rückschläge gehören dazu. Dinge brauchen oft mehr als einen Anlauf. Trotzdem – jedes Mal versuche ich, mir die Freude auf kommende Erfolge nicht von Niederlagen nehmen zu lassen.

Was ich dabei über die Jahre gelernt habe: Mein Körper schaltet in solchen Phasen auf Standby. Es passiert einfach. Und auch wenn ich früher dagegen angekämpft habe, versuche ich heute, diese Reaktion nicht mehr zu bewerten. Ich bin weder „zu sensibel“ noch „zu schwach“ oder „überfordert“. Im Gegenteil: Oft ist genau das die Zeit, in der meine Gedanken am lautesten sind und die kreativste Inspiration entsteht. Ich feiere heute, dass ich diesen inneren Sturm zulassen kann. Das war nicht immer so.

Heute dreht sich in meinem Kopf vieles um ein bestimmtes Gefühl: Numbness – Taubheit.
Viele verbinden damit ein Gefühl von Leere, von „Game Over“. Nichts fühlen, nichts denken, einfach nichts. Aber für mich bedeutet Numbness das Gegenteil: Es ist zu viel.
Zu viele Gedanken, zu viele Gefühle, zu viel Energie – alles gleichzeitig, am selben Ort, in derselben Person. Numbness ist nicht Abwesenheit, sondern ein Schutzmechanismus. Der Standby-Modus unserer Seele.

Ich gehe achtsam mit diesem Begriff um, weil ich mich selbst oft als „zu viel“ empfunden habe – und auch andere mir das immer wieder gespiegelt haben. Ich liebe zu viel, trauere zu viel, denke zu viel, rege mich zu viel auf. Aber heute weiß ich: Zu viel ist nicht falsch. Es ist einfach meine Art, die Welt zu erleben.

Und genau deshalb will ich mit diesem Text ein kleines Missverständnis aufklären:
Das Gefühl der Taubheit ist kein Zeichen von Schwäche. Es ist ein Zeichen dafür, dass unser Inneres auf sich selbst aufpasst. Dass unser Körper uns sagt: Stopp. Kurz innehalten. Sammeln. Atmen.

Viele Menschen ignorieren diese Signale. Sie kämpfen dagegen an. „Sei doch nicht so sensibel“, „Du brauchst eine dicke Haut“ – solche Sätze hören wir alle. Aber ich habe für mich entschieden: Ich will nicht abstumpfen. Ich will nicht verdrängen. Denn verdrängte Gefühle verschwinden nicht. Sie werden nur tiefer, schwerer, wie ein Eisberg unter der Wasseroberfläche. Und irgendwann – kracht es.

Deshalb lerne ich – dieses Jahr mehr denn je –, dass wir niemals auslernen.
Egal, wie viel wir fühlen, verstehen, reflektieren. Egal, wie viele Perspektiven wir einnehmen oder wie gut unsere Intentionen sind. Lernen hört nicht auf. Wachsen hört nicht auf.

In schwierigen Phasen bleibe ich heute hartnäckig – aber auf meine Art.
Ich beiße mich nicht blind durch. Ich nehme mir Zeit. Ich bleibe sanft mit mir selbst, ohne mich dabei zu verlieren. Und das ist vielleicht die stärkste Form von Durchhalten, die es gibt.

Wenn Gedanken fliegen – Ein Brief an meine Mama

Meine Mama & ich – ein Wunsch aus zwei Sternschnuppen. 💫
Irgendwann, vor langer Zeit, haben sich deine und meine Seele genau so eine Liebe gewünscht.
Und heute, in diesem Leben, haben wir uns gefunden.
Wie schön eigentlich – zur gleichen Zeit zu existieren!

Schon immer hatten wir eine ganz besondere Verbindung.
Es war immer wir gegen den Rest der Welt.
Und je älter ich werde, desto intensiver werden meine Gefühle für dich.

Dass gerade du meine Mama bist,
genau hier, genau jetzt –
das kann kein Zufall sein.

Wir haben beide schon so viel erlebt,
aber nie hatte ich das Gefühl, allein zu sein.
Du inspirierst mich.
Du machst mich stark.
Du lehrst mich bedingungslose Liebe
und wie man mit offenem Herzen durchs Leben geht.

So lange sind wir jetzt schon gemeinsam auf dieser Welt
und ich kann es manchmal noch immer nicht ganz glauben.
DANKE –
dass ich immer ich selbst sein darf,
dass du mich nie klein gemacht hast,
dass ich nie das Gefühl hatte, falsch zu sein.
Immer schon hab ich mir nur eines gewünscht:
einen Menschen, der bleibt.
Egal was kommt.

Und immer öfter spüre ich:
Ich hatte diesen Menschen die ganze Zeit über schon –
Dich.

Du hast mir beigebracht, in allem das Schöne zu sehen,
für meine Träume zu kämpfen
und nie mein Licht zu verlieren.
Der Welt meine Farben zu zeigen
und den Schatten hinter mir zu lassen.

Ich lerne so viel – von dir und durch dich.
Und ich bin unendlich dankbar dafür.

Bei jeder Sternschnuppe wünsche ich mir etwas für meine Zukunft –
aber du bist darin immer mit dabei.
Ich wünsche mir,
dich in jedem Leben wiederzufinden.

Ich bin so stolz,
so eine starke, einzigartige Frau an meiner Seite zu haben –
als Mama, als beste Freundin, als Wegbegleiterin.

Unsere Seelen haben ein Zuhause gefunden.
Und das wird immer so bleiben.

DANKE,
dass du mein Sternschnuppenmensch bist.
Mein größter Grund, an Liebe zu glauben –
weil ich sie durch dich jeden Tag spüren darf.

Du bist die Magie, aus der Sternschnuppen gemacht sind.
Und du strahlst heller als deine dunkleren Tage.

Dafür bewundere ich dich.
Mama, ich hab dich lieb.
Und ich drück dich ganz fest.